Diese belgischen Labels solltest du jetzt kennen

Noch heute zehrt der Ruf der belgischen Mode von der sagenumwobenen Designergruppe “Antwerp Six”: sechs Absolvent*innen der Antwerpener Königlichen Akademie der Schönen Künste, zu denen unter anderem Dries Van Noten und Ann Demeulmeester gehören. Die “Antwerp Six” rüttelten in den Achtziger- und Neunzigerjahren mit ihrem Avant-Garde-Stil die Modewelt auf und verhalfen belgischen Modedesign zu internationaler Bekanntheit. Das ist nun fast 40 Jahre her und vieles hat sich seitdem verändert. Seit drei Jahren entsteht in Belgien eine neue Riege an Jungdesigner*innen, die sich für eine nachhaltigere und fairere Mode stark machen.

Es sind genau jene Brands und Designer*innen, die Bie Noé bekannter machen möchte: Mit ihrem Unternehmen B.right bietet die in Antwerpen lebende Unternehmerin Workshops, Talkformate und Slow-Fashion-Touren an – inzwischen nicht nur in Antwerpen, sondern in ganz Belgien. In Zusammenarbeit mit dem Tourismusverband Visit Antwerp hat Bie einen “Conscious-Shopping”-Guide mit spannenden eco-fairen Labels in Antwerpen zusammengestellt, die wir bisher ehrlicherweise noch nicht kannten.

Im Gespräch verrät sie uns, wie sich die nachhaltige Szene in Belgien entwickelt und welche Antwerpener Modelabels man unbedingt kennen sollte.

Bie Noé ist eine der Eco-Pionierinnen in Belgien (c) Boke Kansen

Bie, was genau ist deine Mission mit B.right?

Bie: Die Mission steckt schon im Wortspiel des Namens. Ich möchte, Menschen Inspiration geben, damit sie die für sich richtigen Entscheidungen treffen können – deshalb be right. Aber es geht auch darum, Herausforderungen auf innovative und kreative Weise zu begegnen – also bright. Meine Mission ist es, Wissen zu vermitteln und Bewusstsein für Nachhaltigkeit zu schaffen.

Seit acht Jahren beschäftigst du dich mit nachhaltiger Mode, seit über drei Jahren bietest du auch geführte Slow-Fashion-Touren durch Antwerpen an. Wie kam dir die Idee dazu?

Bie: Als ich mich vor acht Jahren zum ersten Mal mit dem Thema Slow Fashion beschäftigt habe, hat das fast niemanden in Belgien interessiert. Ich musste oft nach Amsterdam fahren, wenn ich stylische, nachhaltige Kleidung kaufen wollte. Vor drei Jahren fingen die Leute um mich herum auf einmal an, mir mehr und mehr Fragen zu Slow Fashion zu stellen. So kam mir die Idee, geführte Slow-Fashion-Touren anzubieten. Angefangen habe ich damit dann Ende 2016 in den Niederlanden und kurze Zeit später dann in Antwerpen und inzwischen auch in anderen belgischen Städten.

Mittlerweile machen in Belgien und besonders in Antwerpen zahlreiche neue Läden auf und es gibt viele Auswahlmöglichkeiten. Etwas, dass mal nur meine persönliche Lifestyle-Entscheidung war, wurde dann zu meinem Beruf. Ich arbeite inzwischen auch mit Unternehmen zusammen, die ich bei der Kommunikation von Nachhaltigkeitsthemen unterstütze. Ich sehe meine Arbeit als eine Art Brücke zwischen Konsument*innen und Unternehmen.

Bei ihren Slow-Fashion-Touren möchte Bie Wissen und ein Bewusstsein für Nachhaltigkeit vermitteln

Wie hat sich die Modeszene in den letzten Jahren in Belgien verändert und wo siehst du noch Raum für Verbesserungen?

Bie: Am Anfang hattest du die Wahl zwischen Öko-Mode, die nicht stylisch genug war, und zu teurer Designermode. Vor vier Jahren tauchten dann neue Brands auf, die diese Lücke schließen wollten. Seitdem haben einige Multi-Brand-Shops und andere Läden ihr Sortiment umgestellt und es sind nachhaltige Concept Stores hinzugekommen. Wir brauchen aber noch mehr Läden und verschiedene Styles, die mehr Menschen bedienen und auch budget-freundlicher sind. Ich spreche zwar nie von billig oder teuer, aber faire Mode ist aktuell definitiv nicht für alle leistbar.

Gleichzeitig müssen Brands auch wirtschaftlich sein, womit einige zu kämpfen haben. Hier brauchen wir definitiv mehr Fördermittel, die kleine Brands finanziell unterstützen. Und Brands sollten sich mehr zusammenschließen. In Antwerpen hat sich das Edo Collective gegründet: ein Slow-Fashion-Kollektiv aus verschiedenen Brands, die Synergien nutzen und so viele Aufgabenbereiche teilen können. Da ist gleich viel mehr möglich.

Kooperation statt Konkurrenz: Das Edo-Collective ist ein Zusammenschluss verschiedener Slow-Fashion-Labels mit eigenem Atelier, Laden und Café in Antwerpen

Wie würdest du Antwerpen beschreiben?

Bie: Antwerpen ist eine dynamische Stadt mit 170 Nationen. Jeder Stadtteil ist dabei sehr individuell. Nur eins ist gleich: Alle fahren mit dem Fahrrad (lacht). Auch die Mode spiegelt den dynamischen Vibe der Stadt: Es geht darum, eine starke Identität zu kreieren und viele verschiedene Stile zusammenzubringen.

Kannst du bestimmte Materialtrends bei belgischen Brands ausmachen?

Bie: Der globale Trend Pinatex, also Ananasleder, ist auch in Belgien sehr verbreitet und wird oft bei Taschen eingesetzt.
Upcycling ist für viele Modebrands ein beliebtes Verfahren: Hier gibt es tolle Labels, die Upcycling komplett aus der DIY-Ecke herausholen und sehr stylische Produkte designen. Studio AMA arbeitet etwa mit dem Außenmaterial von Matratzen und anderen Textilresten für Kleidung.
Kreislauffähigkeit ist natürlich auch eine große Sache. Das Label Hnst bietet vollständig kreislauffähige Jeans aus Baumwolle und Tencel mit abnehmbaren Knöpfe an, sodass die Jeans am Ende problemlos recycelt werden können. w.r.yuma macht unter anderem Sonnenbrillen aus alten Armaturenbrettern von Autos und haben ein Rücknahmesystem für alte Sonnenbrillen, die Schuhmarke Tropas Shoes bietet auch vollständig kreislauffähige Kollektionen an. Natürlich gibt es nicht die eine Innovation, die die Welt retten wird, aber ich denke, dass Cradle-to-Cradle ein progressives Produktionsverfahren ist, das die Modebranche voranbringen kann.

Der Laden von Schmuckdesignerin Anna Rossa ist eine von Bies Lieblingsadressen in Antwerpen.

Du hast eben schon das Thema Style angesprochen. In der deutschen Fair-Fashion-Szene gibt es wenig größen-inklusive Labels. Wie sieht das in Belgien aus?

Bie: Wir haben dasselbe Problem. Auch die Menschen auf meinen Touren finden oft nichts in ihrer Größe. Menschen mit größeren Größen sind einfach unterrepräsentiert, nicht nur in der Fair Fashion, auch in der konventionellen Modebranche. Ich verstehe nicht, warum sich niemand in der Fair Fashion dieser Herausforderung annimmt, denn es würde wirklich funktionieren und könnte ein wichtiger Schritt Richtung Mainstream sein. Bei kleineren belgischen Brands sehe ich, dass sie sich mit Diversität auseinandersetzen, aber bei den Größen gibt es noch viel Luft nach oben. Es ist nur wichtig, dass Diversität kein Trend ist und die Abbildung unserer Gesellschaft in der Mode einfach normal wird.

Danke für das schöne Gespräch, liebe Bie.

Bei HOST werden regelmäßig Talks und Workshops rund um Nachhaltigkeit veranstaltet.

Antwerpen Guide

Bies Lieblings-Fair-Fashion-Labels in Antwerpen

  • AR.M:
    “Die Designerin Anna Rossa hat früher als Architektin gearbeitet. Das Gespür für Formen merkt man ihrem Schmuckdesign an: das ist Upcycling auf einem ganz neuen Level. Ihr selbst entworfener Laden ist einer meiner Lieblingsorte in Antwerpen.”
    https://annarosamoschouti.com/
  • Edo Collective:
    “Edo Collective versammelt verschiedenen Slow Fashion Brands. Im Store finden auch regelmäßig Talks und Workshops statt. Und auch hier gibt es ein eigenes Café.”
    https://edocollective.com/
  • HOST:
    “Host – House of Sweet Things – ist ein von zwei Schwestern geführter Concept Store am Stadtrand von Antwerpen. Neben Kleidung, Accessoires bietet Host auch Interior an. Und im shopeigenen Café gibt es leckere Snacks, richtig guten Kaffee und am Wochenende auch High Tea und Brunch – alles in Bio-Qualität.”
    http://host-concept.be/
  • Tropas Shoes:
    “Caro kommt eigentlich aus dem Sozialsektor und hat nebenbei gelernt, wie man Schuhe macht. So hat sie dann auch herausgefunden, wie umweltschädlich die Schuhindustrie arbeitet. Mit Tropas möchte sie dem eine nachhaltige und sozialverträgliche Variante entgegensetzen und arbeitet mit Rest-Textilien aus Denim.”
    https://www.tropas.shoes/

Weitere Adressen von spannenden Fair-Fashion-Brands in Antwerpen hat Bie in diesem Conscious-Shopping-Guide zusammengestellt.

Bies Tipps für Antwerpen:

“Antwerpen lernt man am besten zu Fuß oder auf dem Fahrrad kennen. Fahrräder kann man sich schon für 4 Euro am Tag mieten. Einen besonders tollen Ausblick über Antwerpen hat man vom MAS Museum aus, das direkt am Wasser gelegen ist. Auch der historische Stadtkern mit der Kathedrale ist sehenswert. Dort gibt es in der Nähe auch viele tolle Restaurants: Meine Favorit ist das Bio-Food-Sharing-Restaurants Native. Mit dem Fahrrad sollte man auch die Außenbezirke von Antwerpen erkunden, wo viele tolle Cafés und die Slow-Fashion-Shops Host und Edo Collective sind.”

Viele Wege führen nach Antwerpen:

Mit dem Zug erreicht ihr Antwerpen beispielsweise von Frankfurt oder Köln aus über Brüssel. Die belgische Hauptstadt liegt ca. eine Stunde entfernt von Antwerpen. Von Berlin aus erreicht man Antwerpen am schnellsten über den Direktzug nach Amsterdam.

Titelbild: © Boke Kansen, © Frederik Beyens

Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit Visit Antwerp

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