Liebe faire Mode,
Du bist wichtig, denn die Welt braucht Dich und wofür Du stehst. Für Fairness, für ein anderes Wirtschaften und für Kleidung, die allen Beteiligten Spaß macht und niemanden ausbeutet oder krank macht.
Von Dir wird viel verlangt. Manchmal zu viel. Du musst den ständigen Vergleichen mit der „anderen“ Mode standhalten und mindestens genauso gut aussehen. Oft musst Du Dich erklären und von Deinen Vorteilen überzeugen. Permanent Deine Bekanntheit zu steigern und das Wachstum Deiner gesamten Branche voran zu bringen, gehört ebenso zu Deinen Aufgaben wie das Suchen und manchmal auch Entwickeln von nachhaltigen und innovativen Materialien.
Kurzum, Du hast viel um die Ohren und immer was zu tun. Aber gerade weil Du so unverzichtbar bist, müssen wir mal Klartext reden.
Faire Bezahlung für alle
Dich zeichnet aus, dass alle Beteiligten der Lieferkette fair bezahlt werden. Im Gegensatz zur Fast Fashion und anderen Unternehmen in der Modeindustrie sind Dir auch die Menschen wichtig, die an der Nähmaschine sitzen und mit ihren Händen Deine Kleidungsstücke herstellen. Du achtest darauf, dass sie regelmäßige Pausen bekommen, ihr Arbeitsplatz keine Gefahr für sie darstellt und sie fair entlohnt werden. Das schätzen wir an Dir.
Umso mehr verwundert es uns dann, wenn unsere Arbeit bisweilen ohne oder mit sehr niedriger Bezahlung erfolgen soll – manchmal sogar regelrecht eingefordert wird. Wir helfen Dir mit Vergnügen dabei, der ganzen Welt von Dir zu erzählen, Deine Vorzüge zu preisen und unsere Begeisterung für Dein Engagement zu teilen. Nicht zuletzt tragen wir Dich ausgesprochen gerne und können uns in unseren Kleiderschränken nichts anderes als Dich vorstellen. Allerdings sind wir als Blogger*innen, Content Creators und Influencer*innen auch Teil der Kette und somit gilt auch für uns: bitte faire Bezahlung für unsere Arbeit.
Support ist keine Einbahnstraße
Du kannst immer auf unsere Unterstützung zählen. Allerdings forderst Du auch viel von uns. Und wir geben Dir diesen Support, wann immer wir können und sehr häufig sogar ungefragt. Wenn wir dagegen Deine Hilfe bei der Umsetzung von Ideen und Projekten brauchen, die am Ende auch wieder Dir zugute kommen, hören wir oft, dass Du keine Kapazitäten oder finanziellen Mittel für uns hast. Das stimmt uns traurig und manchmal auch wütend. Denn immer nur zu fordern, macht Dich egoistisch und irgendwann geht uns die Geduld aus, ständig nur für Dich da zu sein.
Wir haben bei der Gründung unserer Blogs und auf dem Weg in unsere Selbstständigkeiten gelernt, Budgets für unser eigenes Marketing einzuplanen. Es macht uns deshalb immer ein wenig fassungslos, wenn andere Unternehmer*innen diese Ausgaben nicht im Vorfeld einkalkulieren und davon ausgehen, diese Aktivitäten würden selbstverständlich kostenlos für sie zur Verfügung stehen. Dann sprechen wir nämlich nicht mehr von Unterstützung, das geht schon in Richtung Ausbeutung.
PR-Samples zahlen keine Miete
Unsere Vermieter*innen und auch die netten Menschen im Bioladen um die Ecke kennen leider nur eine Währung: cold hard cash (oder die EC-Karte der nachhaltigen Bank unseres Vertrauens). PR-Samples sind Teil unserer Arbeit, denn wie der Name sagt: Sie sind zur Produktvorstellung im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit gedacht. In unserem Fall, um sie unseren Leser*innen und unserer Community zu zeigen. Oft sogar mit uns als Model, das vorführt, wie schön die Kleidungsstücke aussehen.
Diese Samples sind für uns Arbeitsutensilien und notwendig, wenn wir Inhalte über Dich produzieren und die Geschichte hinter einzelnen Labels erzählen wollen. Natürlich freuen wir uns sehr, wenn wir die Samples nach getaner Arbeit behalten dürfen. Dann wandern sie in unsere Kleiderschränke und wir ziehen sie häufig und gerne an. Sicherlich auch zu weiteren Fotoshootings oder Veranstaltungen, bei denen wir nach unseren fairen Outfits gefragt werden. Allerdings sind PR-Samples keine Währung, die wir auf Dauer als Austausch für unsere Arbeit akzeptieren können.
Und wenn wir gerade schon dabei sind: Es ist sehr schön, dass Dir die Fotos gefallen, auf denen wir Deine Mode präsentieren. Das heißt, wir haben unseren Job gut gemacht. Diese Fotos auf Deinen Social-Media-Kanälen (mit den entsprechenden Verlinkungen und Tags) zu teilen, trägt auch dazu bei, uns und unsere Arbeit sichtbar(er) zu machen. Aber auch das ist kein Honorar für unsere Leistung, wie uns das leider noch viel zu oft eingeredet wird. Wenn Du die Bilder für Deinen Webshop benutzt oder auf Instagram „shopbar“ machst, dann handelt es sich übrigens um eine kommerzielle Nutzung Deinerseits, die streng genommen zusätzlich (finanziell) vergütet werden müsste.
Für die gute Sache
Genau wie Du, glauben wir an eine Modewelt ohne Ausbeutung und eine andere Art von Konsum. Das treibt uns an, motiviert uns und lässt uns jeden Morgen aus dem Bett springen. Oft wird dieses „für die gute Sache sein“ leider von Dir ausgenutzt – schließlich setzen wir uns doch alle für eine bessere Welt ein, müssen zusammenhalten und uns gegenseitig helfen.
Das ist vollkommen richtig, denn gegenseitiger Support und damit die Unterstützung der guten Sache ist wichtig und notwendig. Sich gemeinsam für dasselbe Thema stark zu machen, kann aber nicht bedeuten, dass wir unsere Zeit und Leistung immer kostenlos zur Verfügung stellen müssen oder können. Denn Nachhaltigkeit ist nicht nur unser Thema, auch unser Wirtschaften muss nachhaltig sein (genau wie Deins). Wenn wir am Ende vom Tag nicht von unseren Jobs leben können, endet im schlimmsten Fall unser beruflicher Einsatz für die faire Mode.
Liebe Fair Fashion, das lag uns schon eine ganze Weile auf unseren Modeherzen. Wir arbeiten so gerne mit Dir. Lass uns deshalb bitte viel mehr darüber sprechen, wie wir uns wirklich gegenseitig unterstützen können – sodass wir alle davon profitieren.
Deine Franziska
P.S. Franziska wird ihre Brieffreundschaft mit der fairen Mode in ihrem nächsten Artikel fortsetzen.
Titelbild: (c) Frederik Ferschke
Foto Franziska: (c) Grit Siwonia
4 Antworten auf „Liebe faire Mode, wir müssen reden! Ein Brief über Geld und Support“
Liebe Franziska,
Du triffst es auf den punkt und hast sehr vielen bloggern und insTagrammern aus dem herzen geschrieben. Danke für den artikel.
Vollste Zustimmung!
Die entschädigung steht doch im auftrag? Oder wird einfach geschrieben und dann Geld gefordert?
Hallo Roman – eine Zusammenarbeit kann auf unterschiedliche Art und Weise zustande kommen. Unternehmen/Marken kommen auf Content Creators zu oder Content Creators wenden sich mit einer Idee und Vorschlag an Unternehmen/Marken. Im besten Fall wird dann ein Angebot geschrieben, angenommen und umgesetzt. Gerade im nachhaltigen Bereich sind viele Content Creators davon motiviert, etwas verändern zu wollen und ihren LeserInnen und Community Marken und Labels zu zeigen, die fair und nachhaltig agieren und von denen sie selbst sehr begeistert sind. Gerne supporten wir die faire Mode (und agieren dabei aus Begeisterung häufig im eigenen Auftrag) – allerdings können wir auf Dauer nicht unsere Arbeit (die auch oft von Unternehmen geradezu eingefordert wird) ohne finanziellen Ausgleich machen. Und was niemand macht: (ungefragt) etwas schreiben und danach einfach eine Rechnung schicken. Da sind wir uns sicherlich alle einig, dass das keine gute Basis für eine faire Zusammenarbeit ist.