Yousra Zein: „Für mich ist Modest Fashion ein sicherer Raum, in dem mein Stil mit meinen Werten im Einklang steht“

Von Modest Fashion zur Vereinigung von Stil und religiösem Glauben: Yousra Zein, Modest-Fashion-Expertin und Stylistin, spricht über ihre persönliche Reise, Inspirationsquellen und bewegende Momente ihrer Karriere. Sie träumt davon, die Modebranche inklusiver und diverser zu gestalten und gewährt uns im Interview einen exklusiven Vorab-Einblick in die bevorstehende Fashion Changers Konferenz 2023, auf der sie tiefer in die Herausforderungen und Chancen eintauchen wird, die der Modest-Fashion-Markt heute bietet.

Yousra Zein, , eine Frau mit rotem Kopftuch und Sonnebrille.

Mode ist und bleibt eines der lebendigsten Ausdrucksmittel unserer Zeit. Dabei geht es nicht nur um Trends und Labels, sondern auch um Identität, Kultur und Selbstausdruck. Einen besonders spannenden Aspekt dieses Spektrums bildet die Modest Fashion, die in den letzten Jahren weltweit an Bedeutung gewonnen hat. Wir haben mit der in Genf lebenden Modest-Fashion-Expertin Yousra Zein gesprochen. Sie teilt mit uns ihre Einsichten, Erfahrungen und ihre Vision für die Zukunft der Modest  Fashion.

Yousra, wie definierst du Modest Fashion und was bedeutet dieser Modestil für dich persönlich? 

Yousra Zein: „Der Begriff ,modest‘ – zu Deutsch ,bescheiden‘ – wurde gewählt, weil er das Prinzip des Bedeckens widerspiegelt. Für mich ist Modest Fashion ein Spiegelbild meiner Reise und ein sicherer Raum, in dem mein Stil mit meinen Werten und meiner Selbstausdruckskraft im Einklang steht.

Inwiefern ist Modest Fashion ein Spiegelbild deiner Reise?

„Während meiner Kindheit beobachtete ich, wie meine Mutter das Hijab in diversen Farben trug. Sie schneiderte sie eigenhändig und stimmte sie perfekt auf ihre Outfits ab. Das war eine frühe Einführung nicht nur in die Welt von Modest Fashion, sondern zugleich eine Lektion in Selbstausdruck und Selbstvertrauen.“

 

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In Genf hast du damit begonnen, Kund*innen aus dem Nahen Osten modisch zu beraten. Welcher Ansatz leitet dich dabei?

„Es ist wichtig, die kulturellen Feinheiten und Vorlieben meiner Kund*innen zu verstehen und gleichzeitig moderne europäische Modeelemente einzubringen. Es geht darum, Trends und Stile so anzupassen, dass sie die Bescheidenheit respektieren und die Vielfalt der globalen Modeeinflüsse umarmen.“

Du nutzt Instagram, um deinen Mode-und Lebensstil zu teilen. Wie haben soziale Medien dabei geholfen, Modest Fashion zu fördern und zu verstehen?

Instagram hat der Modest Fashion erheblich Auftrieb gegeben. Hijabi-Frauen aus aller Welt haben durch das Teilen ihres Stils online eine Bewegung ins Leben gerufen, die das Kontroverse zur Normalität werden ließ. Auch ich kann via Instagram mein Know-how präsentieren und komplexere Gespräche anstoßen, etwa darüber, ob ein Unternehmen jemanden mit meinem Profil einstellen würde.“

Kannst du einen denkwürdigen Moment aus deiner Karriere teilen, der dich besonders stolz gemacht hat? 

„Seit Jahren hegte ich Bewunderung für eine renommierte Publikation, die Vogue, – nie hätte ich gedacht, dass ich einmal dazu beitragen würde. Doch im letzten Jahr bot sich mir die Gelegenheit. Auch wenn ich in meiner neuen Funktion als Autorin noch lerne, verstehe ich die Tragweite dieser Chance, um einen Wandel in der Mode-  und Medienwelt herbeizuführen.“

Bevor Worte gesprochen werden, sprechen unsere Kleider.

Warum ist der Wandel so wichtig und wie kann Repräsentation dazu beitragen? 

„Bevor Worte gesprochen werden, sprechen unsere Kleider. Mode hat die Kraft, Menschen zu vereinen und Ansichten zu verändern. Indem Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kulturen und Identitäten repräsentiert werden, können Stereotypen überwunden und ein Gefühl der Gemeinschaft für alle kann gefördert werden.

Erzähl uns von deinen Kollaborationen mit Marken. Wie hilfst du ihnen, die Ästhetik von Modest Fashion zu verstehen und in den Kollektionen zu übernehmen?

„Je nach Anforderungen der Marke passe ich meinen Ansatz an. Dies kann Einbindung in der Designphase, Styling-Vorschläge, Kampagnenunterstützung oder Castings beinhalten. Es inspiriert mich zutiefst, Marken in die Welt der Modest Fashion einzuführen. Es fühlt sich an, als würde man sie in einen intimen und sichtbaren Raum einladen. Mit Designer*innen gemeinsam ein Konzept zu ergründen und es bescheidener zu gestalten, ist faszinierend.“

Was sind deiner Meinung nach die größten Herausforderungen und Chancen für Modest Fashion heute? 

„Ich sehe enormes Potenzial darin, den Hijab und die bescheidene Mode in die Welt der Luxusmode zu integrieren. Auch wenn sie momentan vorrangig im Sportbekleidungssegment präsent sind, würde ihr Durchbruch im Luxussegment ihre Bedeutung unterstreichen. Zudem geht es nicht nur darum, Stereotypen zu vermeiden und oberflächliche Bemühungen von Labels in Richtung Diversität und Inklusion zu umgehen, die wie reine Lippenbekenntnisse anmuten. Gefordert ist eine authentische Integration, die sich mit der Zeit manifestiert. Zudem sollte unser Fokus nicht nur auf dem Nahen Osten liegen, sondern global ausgerichtet sein.“

Wie beurteilst  du die Zukunft von Modest Fashion in Mainstream-Modekreisen?

„Modest Fashion bahnt sich vielversprechend ihren Weg in die Mainstream-Modewelt, da sie stetig an Beliebtheit gewinnt und nicht mehr nur als Nischenprodukt gesehen wird. In der Fashion Changers Konferenz im Oktober werden wir die Evolution dieser Modeform beleuchten, ihren wachsenden Einfluss im Mainstream untersuchen und die aufregenden Potenziale aufzeigen, die sie bereithält. Gemeinsam wollen wir entdecken, wie sich Bescheidenheit und modisches Flair verbinden und so die zukünftige Modewelt prägen.“

Modest Fashion

Du willst mehr zum Thema wissen? Dann bist du bei uns richtig. Denn: Unsere Interviewpartnerin Yousra Zein wird auf der Fashion Changers Konferenz 2023 einen Vortrag zu dem Thema halten. Sie wird dabei unter anderem auf folgende Aspekte eingehen:

  •  Was versteht man unter Modest Fashion und welche Grundlagen sind zu beachten? 
  •  Wie groß ist das Potential dieses Marktes? 
  •  Welche Möglichkeiten haben auch Non-modest-Labels, um Modest Fashion in ihr Sortiment zu integrieren und welche Anforderungen sollten dabei erfüllt werden? 
  •  Wie lassen sich Kund*innen von Modest Fashion gezielt und effektiv ansprechen? 
  •  Welche Schritte kann die Modebranche unternehmen, um für eine bessere und authentische Repräsentation zu sorgen? 
  •  Welche Perspektiven ergeben sich für Casual Brands und wie kann High Fashion von Modest Fashion profitieren?
Über Yousra Zein:

Yousra Zein ist eine führende Stimme in der Modest-Fashion-Branche und setzt sich für Diversität und Repräsentation ein, allen voran von muslimischen Frauen in der Fashion- und Beauty-Industrie. Ihr Werdegang begann in Genf, wo sie Kund*innen aus dem Nahen Osten stilistisch beriet – immer mit dem Ziel, europäische Ästhetik mit den Prinzipien von Modest Fashion zu vereinen. Yousra ist nicht nur eine Stylistin; sie ist eine Brückenbauerin, die Menschen durch Mode verbindet,  fernab von Stereotypen. Ihr Instagram-Account dient als Schaufenster ihres einzigartigen Stils. Ein besonderer Meilenstein ihrer Karriere war ihr Beitrag für Vogue Frankreich, in dem das Hijab thematisiert wurde. Heute kollaboriert sie mit diversen internationalen Marken, darunter das New Yorker Label TIBI und Plattformen wie Zalando. Ihre Mission? Die Modewelt zu einem inklusiveren und weltoffeneren Ort zu machen, in dem Modest Fashion gefeiert wird.

Titelbild: Yousra Zein / Vogue Streetstyle Section. Foto: Jonathan Daniel Pryce / @garconjon

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