Rainbow Washing: Warum ein Regenbogen nicht genug ist

Möchte das Fast-Fashion-Unternehmen die Queer-Community aufrichtig unterstützen, oder betreibt es am Ende doch nur Rainbow Washing? Wir haben Marlon Schulte, Journalist und Gastgeber bei diversen Funk-Formaten, gefragt.

Regenbogenfahne

Es ist Juni und Juni ist Pride Month – ein Monat, in dem wir die LGBTQIA+-Gemeinschaft feiern. Jedes Jahr werden die sozialen Medien mit Logos in Regenbogenfarben überflutet – ein Zeichen der öffentlichen Unterstützung für die queere Community. Doch diesen hübschen Logos wird oft vorgeworfen, eine Form von „Rainbow Washing“ zu sein: ein Marketing-Spin, der die soziale Gerechtigkeit eines Unternehmens stärkt, ohne wirklich etwas dafür zu tun.

Was ist Rainbow Washing?

Rainbow Washing bezeichnet das Hinzufügen von Regenbogenfarben und/oder die Verwendung von LGBTQIA+-Symbolen auf Kleidung und Accessoires bis hin zu Fahrzeugen und elektronischen Geräten. Dies tun Unternehmen gerne, um ihre vermeintlich progressive Unterstützung für die Queer-Community zu signalisieren und so das Vertrauen von Kund*innen zu gewinnen oder zu stärken. Es ist eine strategische Marketingkampagne mit minimalem Aufwand – denn Ziel ist es nicht, sich der Queer-Bewegung solidarisch anzuschließen, sondern Profit rauszuschlagen. Rainbow sells!

Manche Unternehmen ändern kurzzeitig ihr Logo und lassen es in glänzenden Regenbogenfarben erleuchten. Andere produzieren gleich eine ganze Pride-Kollektion – nicht selten in Ländern, wo Homosexualität eigentlich verboten ist. 

Wie sieht Rainbow Washing aus?

Es kann schwierig sein, zwischen echter Unterstützung und Pride-Marketing zu unterscheiden. Ein Unternehmen könnte beispielsweise Rainbow Washing betreiben, wenn:

  • Es startet kurzlebige Pride-Initiativen, die nicht über den Juni hinausgehen.
  • Es promotet und pusht LGBTQIA+-Teammitglieder im Juni fleißig als Content-Creator. Darüber hinaus, wird ihnen jedoch keine Plattform geboten.
  • Es verwendet den Regenbogen oder Regenbogenfarben, um Produkte zu verkaufen.
  • Es bezahlt LGBTQIA+-Talente nicht oder nicht genug.
  • Es ändert vorübergehend Firmenlogos und verwendet dafür Regenbogenfarben.
  • Es fördert einen unsicheren Arbeitsplatz für queere Mitarbeiter*innen.
  • Es spendet nicht für LGBTQIA+-Zwecke oder es spendet den Erlös der Pride-Kollektion nicht an LGBTQIA+-Organisationen, beziehungsweise nur einen minimalen Teil davon.
  • Es führt eine Pride-Kampagne durch, unterstützt jedoch gleichzeitig Anti-LGBTQIA+-Organisationen oder Personen des öffentlichen Lebens.

Warum ist Rainbow Washing problematisch?

Rainbow Washing ist vor allem in der Fast-Fashion-Industrie weitverbreitet. So änderten Labels wie Zalando, Tchibo und C&A rechtzeitig zum Beginn des Monats ihre Logos. Asos designt fleißig Regenbogen-Socken und Levi’s stellt Pride-Shorts aus Bio-Baumwolle her. 

Die Änderung des Logos in Solidarität mit der Community kann durchaus einige Vorteile haben. Es erhöht die Sichtbarkeit der Bewegung – die Menschen werden sich ihrer bewusst und die Chancen stehen gut, dass sie sich selbst daran beteiligen. Regenbogen können zeigen: Du bist nicht allein. Es kann eine schöne Art und Weise sein, eine ansonsten eher homofeindliche Welt mit mehr Symbolen der Liebe und Unterstützung zu kultivieren. Waschet die Welt in Regenbögen! 

Doch das Problem tritt auf, wenn ein Unternehmen nur sein Logo ändert oder nur Pride-Accessoires verkauft, sich innerhalb der Unternehmenskultur jedoch wenig ändert. Ist das aufrichtige Unterstützung?

„Rainbow Washing ist in der Textilindustrie extrem weitverbreitet. Generell ist es ja auch ein schönes Zeichen, dass immer mehr Menschen ihren Support und ihre Solidarität für die LGBTQIA+-Community offen zeigen. Es wird meiner Meinung nach jedoch problematisch, wenn mit den Pride-Socken oder der Regenbogenmütze die Fast-Fashion-Industrie unterstützt wird – und damit menschenunwürdige Arbeitsbedingungen und extreme Umweltverschmutzung“, erklärt Marlon Schulte, Journalist und Gastgeber bei diversen Funk-Formaten. 

Er kritisiert, dass viele dieser Unternehmen „die Einnahmen durch ihre Pride-Kollektionen oft gar nicht oder nur zu einem sehr geringen Teil weitergeben – zum Beispiel an Organisationen, die sich für die Rechte der LGBTQIA+-Community starkmachen.“ 

„In diesem Fall, kann man sich in der Regel sicher sein, dass die Marke nicht daran interessiert ist, die Rechte der Queer-Community zu stärken, sondern das Ziel hat, Geld mit der Community und dem Pride-Month zu verdienen.“

Hier schneidet Marlon einen wichtigen Punkt an: Es sollte nicht um das Unternehmen gehen, sondern um die Gemeinschaft. Trotzdem ermöglicht Rainbow Washing Menschen, Regierungen und Unternehmen – die ansonsten keine greifbare Arbeit leisten, um die Queer-Community zu unterstützen – im Juni einen Regenbogenfilter aufzulegen und sich als engagierte Allys zu präsentieren. Aber wenn du dich als „Ally“ selbst in den Mittelpunkt stellst, machst du es falsch!

Fast-Fashion-Giganten könnten ihre riesigen Plattformen nutzen, um Menschen, die echte Arbeit für die LGBTQIA+-Community leisten, in den Mittelpunkt zu stellen. Ein Farbschema und ein paar Hashtags zu kooptieren – das ist keine Form von Solidarität, wenn am Ende alles beim Alten bleibt. 

„Als Konsument*in sollten wir vorher genau schauen, ob das Produkt die Fast-Fashion-Industrie unterstützt, was mit den Einnahmen durch die Pride-Kollektionen passiert und wohin das Geld danach gegeben wird“, meint Marlon. „Und im Zweifel gilt: Ein Pride-Shirt ist ein tolles Zeichen der Solidarität, bringt der Community aber nichts, wenn das Unternehmen davon am meisten profitiert. Die beste Unterstützung der Queer-Community erreicht man durch Aufklärung und das gegenseitige Einstehen füreinander.“

Dieser Artikel erschien erstmalig im Juni 2021. Aktualisierung: Juni 2022.

So geht es besser

Anstatt dieses Jahr ein Pride-Produkt zu kaufen, könntet ihr das Geld spenden oder euch ehrenamtlich engagieren. Hier haben wir eine Liste an Organisationen für euch zusammengestellt, die ihr unterstützen könnt:

Hier findet ihr außerdem eine nach Bundesland sortierte Übersicht zu Angeboten, Organisationen und Anlaufstellen in Deutschland.

Danke, Marlon.

Titelbild: No Revision via Unsplash

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3 Antworten auf „Rainbow Washing: Warum ein Regenbogen nicht genug ist“