Musik? Laden wir im Internet. Ein Auto? Das gibt’s, zumindest in größeren Städten, als Carsharing-Variante. DVD-Ausleihe? Ha, Netflix it is. Und was ist mit unserer Kleidung? Seit Jahren wird der Sharing Economy eine glorreiche Zukunft vorhergesagt und doch schien es im Modebereich immer wieder auch Grenzen zu geben. Erste Pioniere scheiterten entweder an der schwierig umzusetzenden Logistik oder auch fehlender Kundenakzeptanz. Der Ausbau digitaler Angebote scheint diese Lücke seit einiger Zeit schließen zu können. Eines dieser Angebote: CLOTHESfriends. Die App beweist, dass sowohl Logistik als auch Kund*innenmanagement digital und innovativ umgesetzt werden können.
- 2017 haben bereits 39 Prozent der Deutschen Sharing Angebote in Anspruch genommen
- Spitzenreiter sind die Bereiche Mobilität und Unterkunft
- die Vermietung von Alltagsgegenstand spielt derzeit noch eine untergeordnete Rolle, nimmt aber stetig zu
- 82 Prozent können sich vorstellen, Kleidung für spezielle Anlässe zu mieten
- rund 70 Prozent haben Bedenken bezüglich der Haftung für gemietete Kleidungsstücke
Kleidung vermieten als Alternative für ehemalige Lieblingsstücke
Wir wollten es genauer wissen und haben CLOTHESfriends auf Herz und Nieren getestet. Dazu muss auch gesagt werden, dass wir tatsächlich zu denjenigen gehören, die vorher, zumindest privat, noch keine Erfahrung mit Mietangeboten gemacht haben. Es wurde also allerhöchste Zeit!
Vreni und ihre Vintage-Schatzkiste haben den Weg in die App gefunden. Wie sie es fand? Lest selbst!
„Fälschlicherweise wurde ich hier und da schon als Minimalistin bezeichnet, weil ich mich mit fairer und nachhaltiger Mode beschäftige. Die Annahme ist dann, dass ich sicherlich sehr wenig Kleidungsstücke habe. Das stimmt leider überhaupt nicht. Ich bin die Person, die mit ihrem Kleiderkonsum zwar sehr bewusst ist (hauptsächlich Vintage, ansonsten Fair Fashion und immer nur dann, wenn ich weiß, dass ich es auch wirklich viel trage), aber trotzdem einen gar nicht mal so kleinen Fundus hat. Wirklich ungenutzte Kleidung findet sich darin zwar nicht (die verkaufe oder verschenke ich regelmäßig), weniger genutzte Stücke habe ich aber durchaus einige. Die gehören meist in die Kategorie: Verkaufen will ich sie (noch) nicht, tragen tue ich sie aber momentan auch selten.
Die perfekte Lösung: Diese Stücke vermieten. Zum auf der Stange hängen lassen sind sie nämlich wirklich zu schade und nur weil ich persönlich gerade weniger Kleider trage, weil ich den femininen Touch aktuell nicht fühle, bedeutet das nicht, dass jemand anderes womöglich sehr gerne mein festliches Samtkleid mit den Riesenpailletten und den Puffärmeln zu Silvester tragen möchte.“
Per App ganz unkompliziert Kleidung vermieten
„Ehrlich gesagt hatte ich bisher ein bisschen Respekt vor dem Vermieten meiner Kleidung, weil ich zusätzliche Aufgaben in meinem Alltag eher vermeiden will, CLOTHESfriends macht die Sache aber wirklich einfach. Das Hochladen der Teile geht sehr fix und unkompliziert und man hat jederzeit eine gute Übersicht darüber, ob gerade etwas gemietet wurde. Und wer keine Lust auf Versand hat und die Umwelt schonen will, kann sich nach einem „Hub“ in der Nähe umsehen, bei denen die Rental-Kleidung abgegeben und abgeholt werden kann. Bisher muss ich sagen: I like!“
Wir sind vom Auftritt und der Umsetzbarkeit bei CLOTHESfriends wirklich angetan. Die App ist modern und aufgeräumt und versprüht jede Menge Modelust. Kein Wunder, die beiden Gründerinnen lieben Mode und suchten selbst einen Weg, Kleidung nachhaltiger konsumieren zu können. CLOTHESfriends bietet das Vermietmodell dabei nicht nur Privatpersonen an, sondern setzt ebenso auf Brand-Kooperationen, um langfristig eine ganzheitliche Community aus Fashion Brands und Fashion Rental Begeisterten zu schaffen.
Um noch mehr zu erfahren, haben wir mit Co-Gründerin Carmen Jenny gesprochen.
Vor einigen Wochen titelte der Guardian, dass Mietkleidung überhaupt nicht so nachhaltig ist, wie sie häufig angepriesen wird. Wie ist dein Standpunkt dazu?
Carmen Jenny: Dass man existierende Kleidung nicht weiterverwendet und in den Lagern oder Kleiderschränken herumliegen lässt, ist für uns keine Option. Deshalb sehen wir ein riesiges Potenzial im Mieten von Kleidung. Für uns geht es deshalb nicht darum, ob man Kleidung vermietet – sondern wie. Die Punkte, die das Urteil vom Guardian geprägt haben, sind in erster Linie der Versand und die Reinigung. Genau an diesen Hebeln setzen wir mit CLOTHESfriends an. Mit den lokalen Austausch-Orten (Partner Hubs) bieten wir unseren User*innen die Möglichkeit, den Versand zu umgehen und gleichzeitig neue Orte in der Stadt kennenzulernen.
Dazu arbeiten wir mit Cafés, Secondhand oder Concept Stores zusammen, in denen man die gemietete Kleidung abgeben und abholen kann. Uns ist es zudem ein großes Anliegen, unsere User*innen beim Waschen und der Reinigung der Kleidung an die Hand zu nehmen. Dazu teilen wir Tipps für nachhaltiges und bewusstes Waschen direkt in der App und auf Social Media. Demnächst haben wir eine Kooperation mit einem nachhaltigen Waschmittelhersteller geplant, welche unseren Fokus auf umweltschonende Reinigung nochmal verdeutlicht.
Wie lange mieten eure Nutzer*innen Kleidung durchschnittlich bei CLOTHESfriends?
Carmen Jenny: Die Durchschnittsdauer beträgt aktuell 18 bis 22 Tage. Darunter sind natürlich auch solche, die sich ein Kleid oder eine Tasche für einen speziellen Anlass und nur für ein paar Tage mieten. Doch vor allem im Hinblick auf den Winter sagen unsere User*innen oft, dass sie ein Kleidungsstück gerne etwas länger mieten und es dann auch öfter tragen können. Bei Mänteln oder Jacken lohnt es sich natürlich auch, wenn man sich für eine zwei- bis dreimonatige Miete entscheidet.
Welche Erfahrungen habt ihr bisher gemacht, was den Zustand der Kleidung angeht?
Carmen Jenny: Die Mieter*innen und Vermieter*innen sind sehr ehrlich, was den Zustand betrifft und das wissen wir unglaublich zu schätzen. Die meisten Kleidungsstücke sind in einem guten bis sehr guten Zustand.
Wie sorgsam gehen Mieter*innen mit der Kleidung um?
Carmen Jenny: Wir sind fast selbst etwas überrascht, wie vorsichtig und sorgsam die Mieter*innen mit der Kleidung umgehen – es freut uns aber riesig! Bis jetzt ist noch kein Kleidungsstück kaputt gegangen oder wurde so beschädigt, dass man es nicht reparieren könnte. Das heißt nicht, dass nichts passieren kann. Kleider sind dazu da, sie zu tragen und zu benutzen – deshalb möchten wir unseren User*innen mit der Option zur Versicherung die Möglichkeit bieten, das eigene Risiko zu senken und ihnen damit entgegenzukommen, dass wir Schäden bis zu einer gewissen Höhe übernehmen.
Gibt es sonst noch etwas, das euch seit Launch der App besonders überrascht hat?
Carmen Jenny: Was uns anfangs überrascht hat, ist vor allem, dass nicht die Designer-Taschen und Party-Sachen zuerst oder am meisten gemietet werden. Unsere Mieter*innen suchen sich das aus, was ihnen gefällt – sei es von Dior, einer upcoming Berliner Secondhand-Brand oder Vintage Noname. Das am meisten gemietete Piece im Sommer war ein Noname Vintage Kleid und ein Tennis-Rock von Bershka. Das freut uns auch sehr, denn es zeigt, dass die Zeiten des Designer-Runs vorbei sind und dass sich Stil auch gewissermaßen in eine persönliche, ehrliche Richtung entwickelt – dass die Leute wirklich das aussuchen, auf was sie Lust haben und was sie ausprobieren möchten.
Was wünscht ihr euch für die Zukunft der Modeindustrie?
Carmen Jenny: Wir sehen Fashion Rental als eine der nachhaltigsten Alternativen zu Shopping. Genau dieses Mindset möchten wir so verbreiten, dass man gar nicht mehr sagt – „Ach was Kleidung mieten? Das habe ich ja noch nie gehört!“ – sondern dass Fashion Rental sozusagen Mainstream wird. Wir stellen uns vor, dass man seine Capsule Wardrobe mit den liebsten Kleidungsstücken zu Hause hat und sich diese Looks dazu mietet, auf die man Lust hat oder die man gerade braucht.
Für uns ist die Zukunft der Mode fair und zirkulär. Das bedeutet, dass es bereits im Design und in der Herstellung der Produkte anfängt und bei der Endverwertung, sprich dem Recycling oder Upcycling aufhört. Das bedeutet auch, dass Transparenz gezeigt wird innerhalb der gesamten Lieferkette, dass faire Arbeitsbedingungen garantiert werden und dass sich die Menschen wieder an das bewusste Kaufen gewöhnen. Denn genau diese Käufe bilden danach die Capsule Wardrobe – alles was dazu kommt, mietet man sich.
Danke, Carmen, für das Gespräch.
Unser Fazit:
Ein digitales Angebot, wie die App CLOTHESfriends, läutet auf jeden Fall die Zukunft der Fashion-Sharing-Möglichkeiten ein. Die App ist toll konzipiert und macht in der Bedienung Spaß. Auch die Möglichkeit, die eigene Kleidung über Hubs zu vermieten und sich so den Versandstress zu sparen, finden wir super. Kleiner Wermutstropfen: Noch ist die Größenauswahl recht begrenzt, da viele Nutzer*innen eher kleine Größen anbieten. Da wünschen wir uns für die Zukunft noch wesentlich mehr Auswahl.
Fotos & Collage: © Fashion Changers