„Transparenz führt zu mehr Nachhaltigkeit und Glaubwürdigkeit“ – ein Gespräch über transparente Lieferketten mit Löffler

Transparente Lieferketten zählen zu den wichtigsten Säulen, wenn es um unternehmerische Sorgfaltspflichten geht. Mit der geplanten Ökodesign-Verordnung will die Europäische Union einen digitalen Produktpass einführen, der Verbraucher*innen Auskunft über die Herstellung, Materialzusammensetzung, Pflege oder Reparierbarkeit eines Produktes geben soll. Immer mehr Modelabels arbeiten inzwischen daran, die Geschichte hinter ihren Produkten transparenter abzubilden. So auch das österreichische Sportunternehmen Löffler, das in Zusammenarbeit mit Retraced seinen ersten rückverfolgbaren Kollektionsbereich offenlegt.

Titelbild zum Thema Transparente Lieferketten: Das Bild zeigt zwei Menschen beim Bergsteigen in der Sonne

Worüber sprechen wir eigentlich, wenn wir über transparente Lieferketten sprechen? In der wörtlichen Bedeutung meint Transparenz ‚Nachvollziehbarkeit‘ (Quelle: Duden). Im Sinne der Transparenz sollten also Informationen nachvollziehbar aufbereitet werden. Besonders in der Konsumgüterbranche sollen diese transparent offengelegten Informationen Verbraucher*innen dabei unterstützen, fundierte Kaufentscheidungen zu treffen.

In der Modebranche bewertet der jährlich erscheinende Fashion Revolution Index Unternehmen im Hinblick auf ihre Transparenz, zum Beispiel in punkto Lieferantenlisten, Löhne, Dekarbonisierung, Einkaufspraxis u.a. Kriterien. So können Unternehmen für ihre veröffentlichten (und nicht-veröffentlichten) Informationen zur Rechenschaft gezogen werden. Transparenz trifft allerdings keine zwingende Aussage über die Qualität von Nachhaltigkeit und sozialen Standards. Wenn ein Unternehmen beispielsweise seine Lieferantenliste offenlegt, lässt das nicht automatisch darauf schließen, dass die Arbeiter*innen für ihre Überstunden bezahlt werden. Für Löffler ist Transparenz ein wesentlicher Bestandteil von Nachhaltigkeit und Voraussetzung, um als Unternehmen zu verstehen, wo man steht und wo es Verbesserungspotenzial gibt. Der Sporthersteller versteht Transparenz als Ansporn, um noch nachhaltiger zu agieren.

Transparente Lieferketten: Wie können Produktinformationen nachvollziehbar an Kund*innen weitergegeben werden?

Eine große Rolle bei transparenten Lieferketten spielt die Rückverfolgbarkeit. Das Sportunternehmen führt zwei eigene Produktionsstandorte in Österreich und Bulgarien, wo der Großteil seiner Produktion stattfindet. Wie, wo und von wem ein Produkt hergestellt wird, kann Löffler betriebsintern nachverfolgen. Doch wie können diese komplexen Informationen nachvollziehbar an die Kund*innen weitergegeben werden?

Dafür hat sich Löffler Ende 2021 mit Retraced zusammengetan, einer Blockchain-basierten Rückverfolgbarkeits- und Nachhaltigkeits-Compliance-Plattform. Retraced kann sowohl unternehmensintern für die Rückverfolgbarkeit und Risikoanalysen- und -prävention verwendet werden als auch für die Außenkommunikation. So können Verbraucher*innen über einen QR-Code am Hangtag und im Online-Shop Informationen zum Produkt einsehen, wie die verschiedenen Fertigungsstationen, Informationen zu sozialen Standards und Zertifikaten. Die Lieferkette wird dabei grafisch anschaulich und nachvollziehbar dargestellt.

Transparente Lieferketten: Rückverfolgbarkeit durch Blockchain

Angesichts der bevorstehenden EU-Regulatorik, wie dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, der Nachhaltigkeitsberichterstattung oder dem besagten digitalen Produktpass, wird es für Modeunternehmen zunehmend wichtiger, unveränderbare und zentral organisierte Lieferanten- und Produktdatenbanken zu nutzen. Dafür setzen viele auf Blockchain-basierte Technologien. Das Besondere daran: Sobald die Daten aus verschiedenen Produktionsstufen von den verschiedenen Lieferanten eingegeben werden, können diese in der Blockchain nicht mehr angepasst werden. Somit können die eingepflegten Daten im Nachhinein nicht gefälscht werden.

Immer mehr Modemarken, wie Löffler, kooperieren mit Nachverfolgungs-Plattformen. Die Gründe dafür sind vielseitig:

– Luxusmarken setzen die Blockchain-Technologie als Verifizierungs-Tool ein, um Produktfälschungen auszuschließen und Echtheitszertifikate zu verwalten
– Blockchain-basierte Lösungen werden als unternehmensinternes CSR-Tool genutzt, um Risiken entlang der Lieferketten schneller zu identifizieren und ihnen vorzubeugen
– die in der Blockchain gespeicherten Informationen können an Kund*innen weitergegeben werden, etwa indem der Lebenszyklus eines Kleidungsstücks über einen QR-Code im Hangtag oder einem Chip im Kleidungsstück einsehbar ist

Löffler x Retraced – der Weg zur transparenten Lieferkette

Beitragsbild zum Thema Transparente Lieferketten: Zwei Menschen beim Bergsteigen, hinter ihnen Klippen und Wasser, beide tragen blaue und grüne Sportbekleidung von Löffler.
Die EU will durch neue Verordnungen den Bekleidungssektor transformieren, zum Beispiel durch einen digitalen Produktpass. Darüber können transparente Lieferketten abgebildet werden, die Kund*innen dabei unterstützen, fundiertere Kaufentscheidungen zu treffen.

Mit der Frühjahr/Sommer-2024-Mountainsports-Kollektion von Löffler kann erstmals über einen QR-Code am Hangtag und im Online-Shop nachverfolgt werden, welche Stationen das Produkt vom Garnlieferanten bis zur Konfektion durchlaufen hat.

Warum Löffler diesen Schritt gegangen ist und wie das Sportunternehmen das Thema Rückverfolgbarkeit in Zukunft ausbauen will, darüber haben wir mit Markus Reisegger-Huber, Nachhaltigkeitsmanager bei Löffler, gesprochen.

Markus Reisegger-Huber, Nachhaltigkeitsmanager bei Löffler

Fashion Changers: Markus, seit wann beschäftigt sich Löffler mit dem Thema Rückverfolgbarkeit in Lieferketten?

Markus Reisegger-Huber: „Als Marke und Produzent dokumentieren wir intern seit einigen Jahren alle Informationen über unsere Lieferanten und sämtlich eingesetzten Materialien, also vom Stoff über das Strickgarn bis hin zu Zutaten wie Reißverschlüsse, Knöpfe und so weiter. Die Informationen sind in unserer Datenbank bis ins Jahr 2007 nachverfolgbar – wir können also intern auf Knopfdruck sagen, woher die Materialien stammen. Im Sinne der Nachhaltigkeit und Transparenz wollten wir diese komplexen Informationen verständlich für unsere Kund*innen darstellen, was wir unter anderem durch unseren Nachhaltigkeitsbericht machen.“

Fashion Changers: Nur werden sich die wenigsten Kund*innen einen über 150-seitigen Nachhaltigkeitsbericht durchlesen, bevor sie ein Produkt kaufen, oder?

Markus Reisegger-Huber:Mit dem Nachhaltigkeitsbericht wollen wir transparent zeigen, dass wir belastbare Daten und Zahlen erheben und konkrete Ziele und Maßnahmen festlegen. Da sind in der Tat viele Seiten zusammengekommen. Durch unsere Zusammenarbeit mit der Rückverfolgbarkeits-Plattform Retraced können Konsument*innen jetzt über einen QR-Code am Hangtag und im Online-Shop in komprimierter und grafisch anschaulicher Form alle wichtigen Informationen zum Produkt erfassen. Für alle, die es dann noch genauer wissen möchten, verlinken wir zusätzlich unseren Nachhaltigkeitsbericht. Dort berichten wir beispielsweise auch über die Entlohnung in unserer österreichischen und bulgarischen Produktion.“

Fashion Changers: Seit Ende 2021 arbeitet Löffler mit Retraced zusammen. Fast 2,5 Jahre später erscheint mit der Mountainsports-Kollektion eure erste rückverfolgbare Kollektion. Welche Herausforderungen gab es im Prozess?

Markus Reisegger-Huber: „Eine der größten Herausforderungen war es, die Lieferanten für die Nutzung einer neuen Plattform zu gewinnen. Viele Lieferanten sind bereits auf verschiedenen Plattformen ihrer Auftraggeber aktiv, was insbesondere viele personelle Ressourcen bindet, die oft gar nicht da sind. Um sicherzustellen, dass die Daten auch korrekt sind, halten wir es jedoch für äußerst wichtig, dass jeder Lieferant die Daten über sein Unternehmen auf der Plattform selbst einpflegt. Das ist das Gute an einer Blockchain-basierten Technologie: Es handelt sich dabei um eine unabhängige, nachvollziehbare und fälschungssichere Technologie, die Datensicherheit gewährleistet.“

Fashion Changers: Und wie habt ihr die Lieferanten dann doch dafür gewonnen, eine neue Rückverfolgungs-Plattform zu nutzen?

Markus Reisegger-Huber:Wir haben viele Gespräche geführt und die Bedenken und Herausforderungen der Lieferanten aufgenommen. Letztlich glauben wir, dass die Rückverfolgbarkeit durch Plattformen wie Retraced nicht nur für uns ein wichtiger Schritt ist, sondern in Zukunft für die ganze Industrie wichtig sein wird. So konnten wir die Lieferanten letztlich dazu motivieren, mitzumachen. Da der Eingabeprozess der Daten wie gesagt ein ressourcenaufwändiger Prozess ist, haben wir uns in der Anfangsphase dazu entschieden, die Daten ab dem Garnlieferanten abzubilden, das heißt ab der Herstellung unserer eigenen Stoffe in unserer eigenen Strickerei. Das wollen wir im Laufe der Zeit noch weiter ausbauen. Unser nächstes Ziel ist es, schrittweise die Lieferkette für die ganze Kollektion transparent offenzulegen. Als nächstes wird unsere Nordic-Sports-Kollektion (Winter 24/25) rückverfolgbar sein, im Sommer 2025 kommt dann noch der Bike-Bereich dazu, womit dann circa ⅔ unserer Kollektionen mit Retraced rückverfolgbar sein werden.“

Fashion Changers: Wie wollt ihr die Themen Rückverfolgbarkeit und Transparenz in Zukunft ausbauen?

Markus Reisegger-Huber:Neben Retraced arbeiten wir mit der OEKO-TEX® „Made in Green“-Zertifizierung, bei der auch die Lieferkette des Artikels transparent offengelegt wird. Auch diese Zertifizierung wollen wir auf weitere Artikel ausweiten.

Außerdem haben wir beide Nachhaltigkeitsberichte nach GRI-Standard verfasst (Anm. d. Red.: Hinter dem GRI-Standard steht die Global Reporting Initiative, eine gemeinnützige Stiftung, deren Reporting-Guidelines von allen Organisationen verwendet werden können). Den nächsten Nachhaltigkeitsbericht werden wir 2026 veröffentlichen, ob dieser bereits nach dem neuen Berichtsstandard der Europäischen Kommission – ESRS – oder weiterhin nach GRI-Standard stattfinden wird, haben wir noch nicht final entschieden, da wir aufgrund unserer Unternehmensgröße freiwillig berichten (Anm. der Red.: Der European Sustainability Reporting Standard, kurz ESRS, unterliegt der nicht-finanziellen EU-Richtlinie der Nachhaltigkeitsberichterstattung, kurz CSRD).

Fashion Changers: Die Europäische Union führt viele politische Maßnahmen ein, um die negativen ökologischen und sozialen Auswirkungen der Modebranche zu bewältigen. Viele der Richtlinien, wie zum Beispiel das EU-Lieferkettengesetz, betreffen euch allerdings nicht.

Markus Reisegger-Huber: „Das stimmt. Wir setzen dennoch viele der Anforderungen um, weil wir davon überzeugt sind, dass mehr Transparenz zu mehr Nachhaltigkeit und Glaubwürdigkeit führt. Wir wollen damit einen Beitrag zu besseren sozialen Bedingungen und Umweltstandards sowohl in unserer eigenen Produktion als auch bei unseren Lieferanten leisten. Dafür arbeiten wir mit einem Verhaltenskodex für Lieferanten und erweitern gerade unsere Risikoanalyse für die Länder unserer Lohnpartner und Materiallieferanten. Bereits im vergangenen Jahr haben wir einen Beschwerdemechanismus eingeführt, sodass über ein sogenanntes Whistleblower-Kontaktformular auf unserer Webseite als auch intern im Betrieb Auffälligkeiten anonym gemeldet werden können. Außerdem arbeiten wir daran, eine bessere Datenbasis über die Löhne von unseren Lohnpartnern zu erhalten.

Uns ist es wichtig, unseren Sorgfaltspflichten als Unternehmen nachzukommen, denn es ist unsere Überzeugung, umweltfreundlich, sozial gerecht und nachhaltig zu wirtschaften – und Sorgfaltspflichten sind ein Teil davon.“

Danke für das offene Gespräch, Markus!

Es gibt also verschiedene Wege, um transparente Lieferketten nachvollziehbar abzubilden. Welche Produktinformationen sind dir wichtig, bevor du eine Kaufentscheidung triffst?

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Eine Antwort auf „„Transparenz führt zu mehr Nachhaltigkeit und Glaubwürdigkeit“ – ein Gespräch über transparente Lieferketten mit Löffler“

Das Gespräch über transparente Lieferketten mit Löffler betont die Bedeutung von Transparenz für eine nachhaltige und glaubwürdige Unternehmensführung. Durch offene https://www.bestcasinosincanada.net/ Einblicke in die Lieferkette können Verbraucher informierte Entscheidungen treffen und Unternehmen dazu ermutigt werden, verantwortungsvolle Praktiken zu fördern.