Nachhaltigkeit und Bloggen – Passt das überhaupt zusammen?

Hallo, ich bin Franziska und ich schreibe über Nachhaltigkeit und schöne Produkte. Und ich letzter Zeit frage ich mich immer öfter, ob das auch weiterhin zusammen passt. Denn mit meinen Inhalten trage ich direkt dazu bei, Begehrlichkeiten für bestimmte Dinge zu wecken.

Aber ich fange am besten vorne an.

Als ich vor neun Jahren begonnen habe, auf meinem Blog über vegane Naturkosmetik und faire Mode zu schreiben, war jedes Produkt, das ich entdeckt habe, Grund zur Freude. Ein roter Lippenstift mit natürlichen Inhaltsstoffen ohne Bienenwachs und Karmin: im Jahr 2010 noch eine Sensation. Eine Jeans aus Biobaumwolle ohne Lederpatch auf der Rückseite: ein Grund zum Feiern.

Einer der Gründe, überhaupt mit dem Schreiben eines Blogs anzufangen, war es, meine Begeisterung zu teilen. Meinen Enthusiasmus für eine nachhaltige Lebensweise, für Unternehmen und Marken, die neue Wege gehen, und nicht zuletzt für Produkte, die nicht nur schön aussehen, sondern auch rundum gut in Herstellung sowie Inhaltsstoffen oder Materialien sind. An dieser Motivation und diesem Elan hat sich bis heute nichts geändert. Dennoch frage ich mich ständig: Möchte ich mit meinen Inhalten wirklich zum Kaufen von Sachen animieren?

Laufen Blogs und Co Gefahr, Dauerwerbesendungen zu werden?

Ende letzten Jahres war ich im Austausch mit einer langjährigen Leserin zu den Themen Content und Nachhaltigkeit. Sie schrieb, dass sie abends nach ihrem Feierabend nicht mehr wie früher Blogs zur Zerstreuung und Inspiration liest, sondern lieber wieder zu Büchern greift. Ihr ginge das ständige Umherwedeln mit Produkten und der permanente Ruf zum Konsum so auf die Nerven, dass sie sich dieser Werbebeschallung nun entzieht. Auch wenn sie sich mit ihren Worten nicht direkt auf meine Arbeit bezog, hat die Aussage trotzdem gesessen und mich genau in einem Moment getroffen, in dem ich ohnehin schon selbst viel über die Entwicklung von Blogs nachgedacht habe.

Wie passen Nachhaltigkeit und Konsum überhaupt zusammen?

Noch ein paar Worte zu Konsum und Nachhaltigkeit.

Wenn wir über Nachhaltigkeit und Konsum sprechen, drängt sich natürlich die Frage auf, ob man diese beiden Begriffe überhaupt gemeinsam verwenden kann. Denn für jedes neue Produkt, das wir kaufen, werden Ressourcen wie Energie und Rohstoffe verwendet. Meiner Meinung nach ist die einzige Form von Konsum, die man wirklich nachhaltig nennen kann, das Konsumieren von Dingen, die gebraucht, preloved, Secondhand oder Vintage sind. Oder die im Freundes- und Familienkreis oder auf entsprechenden Veranstaltungen getauscht werden.

Aber erst mal zurück zu den guten Produkten.

Vivienne Westwood hat mal gesagt und es trifft genau meine Philosophie: „Weniger kaufen, besser auswählen und länger Freude daran haben.“ Und damit bin ich bisher gut gefahren, auch wenn ich dieses Zitat sicherlich schon das ein oder andere Mal als Schutzschild benutzt habe. Was sich bei mir in all den Jahren allerdings nie geändert hat: Ich schreibe nur über Produkte, die ich wirklich richtig gut finde, selbst benutze und tatsächlich auch Freund*innen sowie Familie empfehlen würde. Dank diesem engmaschigen Sieb landet am Ende vom Tag ohnehin nur die Crème de la Crème auf meinem Blog (und im privaten Einkaufskorb).

Wenn der Beruf den Konsum mit sich bringt

Aber es gibt auch Situationen, in denen ich den Produktwald vor lauter Bäumen nicht mehr sehe. Jedes Jahr im Februar besuche ich eine große Naturkosmetikmesse in Nürnberg. Von dieser tollen Fachveranstaltung bringe ich immer eine Menge Inspiration und Denkanstöße mit. Und eine große Tasche mit Arbeitsmaterialien in Form von Neuprodukten zum Testen. Doch so sehr ich den Besuch auch in diesem Jahr genossen habe, war ich zum ersten Mal mit der Masse an Produkten in der Messehalle überfordert. Brauchen wir wirklich noch mehr neue Duschgele in bunten Verpackungen und gibt es nicht bereits zahlreiche wirkungsvolle Cremes für Gesicht und Körper? Ich möchte allerdings nicht verschweigen, dass es immer viele neue Produkte gibt, die bisher gefehlt haben, wie zum Beispiel guter Sonnenschutz. Oder dass einige Hersteller nachhaltigere Wege mit ihren Verpackungen gehen und dies natürlich ebenfalls auf der Messe zeigen.

Aber je bunter und breiter die Auswahl dort draußen wird, desto reduzierter wird es in meinem eigenen Badezimmer und Kleiderschrank. Auf der einen Seite finde ich es grandios, welche weiten Strecken das Image und die Akzeptanz von Naturkosmetik sowie fairer Mode seit meinen Anfängen zurückgelegt hat und wie viele Menschen ihre Lebensweisen seitdem verändert haben. Auf der anderen Seite sehe ich allerdings hier Tendenzen, ständig zu kaufen und immer das Neueste haben zu wollen, weshalb ich mich frage, ob zu viel des Guten immer noch gut ist.

Bloggen und Verantwortung

Ich schreibe hauptberuflich. Dabei sind Advertorials eine sehr gängige Art und Weise, Geld mit einem Blog zu verdienen. Das sind Kooperationen mit Marken und Unternehmen, die dafür bezahlen, dass ich Inhalte über sie kreiere und veröffentliche. Das ist die sachliche Erläuterung. Hinterherschieben möchte ich: Ich bin frei in der Wahl der Kooperationspartner*innen und wende auch hier mein engmaschiges Sieb an. Ich wähle das Thema, Aufhänger, Gestaltung und Inhalte des Textes und setze gemeinsam mit (m)einer Fotografin eine Bildidee um.

Gerade stecke ich inmitten einer riesigen Umbruchphase mit meiner Arbeit als Bloggerin, in der ich mehr Gedanken und Meinungen als Lösungsansätze habe. Ich möchte auch weiterhin zeigen, dass Nachhaltiges schön sein kann, denn immer wieder stelle ich fest, dass das außerhalb der Nachhaltigkeits-Bubble noch nicht genug Menschen wissen. Dennoch möchte ich noch verantwortungsvoller mit meinen Inhalten umgehen und mehr Transparenz schaffen, denn ob es sich um die Inhaltsstoffe von Kosmetik oder die Materialien von Kleidung handelt: Es fällt nicht nur mir in der Fülle der Informationen oft schwer, die Dinge richtig einzuordnen und zu beurteilen, ob es sich wirklich um ein gutes im Sinne von nachhaltiges Produkt handelt.

Immer wieder gerate ich darüber hinaus in Konflikte mit meiner Arbeit und dem aktuellen Zustand unserer Welt: Klima, Politik, Gewalt und Krisen. Und ich recherchiere zu Nagellack und Apfelleder. Das Schreiben eines Nachhaltigkeitsblogs mit schönen Dingen kann durchaus eine Form von Aktivismus sein, ich habe allerdings in der Vergangenheit meine eigene Haltung über das Produkt hinaus vermisst und diese wird gerade wieder Stück für Stück Teil meiner Inhalte.

Kann man als Idealist*in mit Bloggen Geld verdienen?

Erst kürzlich hatte ich einen kleinen Nachrichtenaustausch mit einer Freundin und bloggenden Kollegin. Es ging um Idealismus und Monetarisierung, also das Geldverdienen mit einem Blog, und ob beides überhaupt möglich ist. Sie sagte nein. Ich sage ja. Auch wenn das sicherlich nicht der leichtere Weg ist.

Verabschieden werde ich mich in Zukunft von Affiliate-Links. Das sind Links zu Produkten und Shops, bei denen man einen prozentualen Anteil am Einkaufswert bekommt, wenn jemand über den gesetzten Link shoppt. Diese Art von Links haben zwar noch nie eine signifikante finanzielle Rolle bei mir gespielt, dafür habe ich sie viel zu selten und zu wenig SEO-optimiert eingesetzt und zudem noch nie die Programme von Amazon oder Zalando nutzen wollen. Auch wenn es wirtschaftlich sicher sinnvoll erscheint, direkt daran mitzuverdienen, wenn ein von mir beschriebenes Produkt in den Warenkorb wandert, gefällt mir dieses Prinzip der Monetarisierung nicht mehr.

Wie bereits geschrieben, ich habe mehr Gedanken als Lösungen und kann heute noch nicht genau sagen, wie Nachhaltigkeitsblogs im Allgemeinen und mein Blog im Speziellen aussehen sollen und aussehen werden.

In diesem Text habe ich die Themen PR-Samples sowie Rabattcodes nicht behandelt, auch wenn es dazu viel zu sagen gibt. Deshalb hier mein Wunsch: Ich hoffe auf ganz viel Austausch unter diesem Artikel und auf viele Meinungen – von Kolleg*innen, Leser*innen, Bürger*innen und auch von Unternehmen.

Beitragsbild: (c) Nora dal Cero für Veggie Love

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2 Antworten auf „Nachhaltigkeit und Bloggen – Passt das überhaupt zusammen?“

Vielen Dank für diesen tollen Beitrag! Es ist spannend und auch erleichternd zu lesen, welche Gedanken du dir machst und damit stehst du sicherlich nicht alleine. Meine Meinung an dieser Stelle: Ich kann die Aussage deiner Freundin total gut verstehen und mir geht es da ähnlich, allerdings beziehe ich mich da eher auf konventionelle Mode- und BEAUTYBLogs. Im Gegensatz dazu bin ich immer wieder froh, Blogs wie deinen zu entdecken, wo faire und nachhaltige Alternativen vorgestellt und getestet werden. Ich finde nicht, dass du so zu vermehrtem Konsum ANREgst, sondern vielmehr Menschen abholst, die sich ohnehin bereits, die einen mehr, die anderen weniger, mit Nachhaltigkeit beschäftigen. Natürlich sind Second-Hand-Käufe toll, aber man findet nicht immer das, was man eventuell gerade benötigt.
Ich bin so froh darüber, dass es vermehrt einen Austausch zwischen GLEICHERMAßen modebegeisterten als auch verantwortungsvollen Menschen gibt
Mach bitte so weiter!
 

Hallo Lisbeth – vielen lieben Dank fürs Lesen und Kommentieren! Es ist gut zu hören, dass die Inhalte, die meine Kolleg*innen und ich kreieren, so aufgenommen werden, wie ich mir das für meine Inhalte wünsche: als Unterstützung, Hilfestellung und bisweilen auch als Entscheidungshilfe. Viele Grüße, Franziska