Sozialunternehmen: Diese Rechtsformen und Netzwerke solltest du kennen

Sozialunternehmer*innentum boomt. Doch welche Möglichkeiten gibt es, ein Social Business aufzubauen? Ein Überblick über das Konzept des Sozialunternehmens, die Rechtsformen und Unterstützungsangebote.

Take-Aways
  • Der Begriff Sozialunternehmen ist in Deutschland nicht gesetzlich definiert.
  • Es ist essenziell, die richtige Rechtsform für das eigene Unternehmen finden. Denn die Art der Struktur, die gewählt wird, bestimmt, wie das Unternehmen später geführt wird oder werden kann, wie viel Steuern gezahlt werden und auf welche Art sich das Unternehmen finanzieren kann. 
  • Bei der Rechtsform müssen also mehrere Faktoren berücksichtigt werden, darunter die persönliche Haftung für etwaige Schulden des Unternehmens, die kurz- und langfristige Finanzierung, die Gewinnverteilung und die Art und Weise, wie das Unternehmen geführt wird.
  • Rechtsform und Geschäftsmodell können getrennt werden.

„Auch wenn in Deutschland weiterhin Ausbaubedarf bei der Förderung von Sozialunternehmen besteht, hat sich in den letzten Jahren auch einiges getan”, erklärt Adrian Bornmann, Kommunikationsreferent beim Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland e. V. (SEND). Nachdem im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung bereits die Stärkung von Sozialunternehmen und Sozialen Innovationen verankert wurde, hätten die Regierungsparteien inzwischen auch zuständige Referate im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geschaffen. „Mit Zarah Bruhn wurde zudem eine Beauftragte für Soziale Innovationen ernannt, die selbst aus dem Sektor kommt und die Herausforderungen von Social Entrepreneurs gut kennt.” 

Klingt, als wäre Deutschland ein Vorreiter in Sachen Social Entrepreneurship. Jein. Denn obwohl das Business boomt (Berlin gilt z. B. als der Social-Business-Hub Deutschlands), gäbe es laut SEND immer noch eine geringe Akzeptanz dafür und nur wenige (finanzielle) Fördermittel. Wie navigieren Social Entrepreneurs also ein solches komplexes Milieu? 

Social Entrepreneurship ist ein fließendes Konzept

In Deutschland ist der Begriff Social Entrepreneurship nicht gesetzlich reguliert. Das Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland e. V. (SEND) definiert den Begriff wie folgt: „Das primäre Ziel von Social Entrepreneurship ist die Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen. Dies wird durch kontinuierliche Nutzung unternehmerischer Mittel erreicht und resultiert in neuen und innovativen Lösungen. Durch steuernde und kontrollierende Mechanismen wird sichergestellt, dass die gesellschaftlichen Ziele intern und extern gelebt werden.” 

Dabei setzt sich ein Sozialunternehmen aus drei unterschiedlichen Dimensionen zusammen: die gesellschaftliche Dimension (also, die Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen im sozialen/ ökologischen Bereich), die unternehmerische Dimension (mit verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten) und die Governance-Dimension (steuernde und kontrollierende Mechanismen).

Soziales Unternehmer*innentum beinhaltet Möglichkeiten zur Schaffung von sozialem Wert sowie die Entwicklung innovativer Ansätze zur Bewältigung kritischer sozialer Bedürfnisse. Es ist ein Prozess, Möglichkeiten zur Schaffung von sozialem Wert zu erkennen und mit Ressourcen zu verfolgen. Sozialunternehmer*innen stützen sich auf innovative Ideen sowohl aus der Geschäftswelt als auch aus der Welt der Nonprofit-Organisationen, um Strategien zu entwickeln, die ihre soziale Wirkung maximieren. 

Social Entrepreneurship ist also ein relativ fließendes Konzept, das eine Vielzahl von Unternehmen abdeckt. Der wohl bedeutendste Unterschied zwischen sogenannten Socialpreneurs und klassischen Unternehmer*innen ist das Endziel. Erstere sind weniger daran interessiert, ihre Erfolge über hohe Gewinnspannen zu definieren. Stattdessen lassen sie sich davon leiten, wie ihre Aktivitäten ihren Anliegen und Interessengemeinschaften zugutekommen. 

Welche Rechtsformen gibt es für Sozialunternehmen?

Sozialunternehmen sind aber nicht nur in ihrer Wirkung sehr divers, sondern auch in Bezug auf ihre Haupteinnahmequellen. Während die einen Produkte an Konsument*innen verkaufen, handeln andere mit Unternehmen (B2B) oder der öffentlichen Hand. Wieder andere geben als größte Haupteinnahmequelle Förderungen oder Spenden an. Die unterschiedlich starke Ausprägung marktorientierter Einnahmequellen zeigt auch, wie unterschiedlich die Herangehensweisen und Geschäftsmodelle der verschiedenen Sozialunternehmen sein können. Das stellt ein besonderes Potenzial dar, da Social Entrepreneurship mit verschiedenen, oft innovativen, Geschäftsmodellen positiv auf die Nachhaltigkeitsziele wirken kann.

Wichtig zu wissen: Rechtsform und Geschäftsmodell können getrennt werden. So ist es für die Gründung eines Sozialunternehmens nicht zwingend erforderlich, mit einer gemeinnützigen Rechtsform zu gründen – ein entsprechend soziales Geschäftsmodell kann auch mit einer klassischen Kapitalgesellschaft umgesetzt werden.

Die Qual der Wahl der richtigen Rechtsform für das Sozialunternehmen

Die Wahl der richtigen Rechtsform für das eigene Sozialunternehmen kann verwirrend sein, daher ist es am besten, sich im Vorfeld bestens zu informieren und gegebenenfalls beraten zu lassen. Die Art der Struktur, die gewählt wird, bestimmt, wie das Unternehmen später geführt wird oder werden kann, wie viel Steuern gezahlt werden und auf welche Art sich das Unternehmen finanzieren kann. Es müssen also mehrere Faktoren berücksichtigt werden, darunter die persönliche Haftung für etwaige Schulden des Unternehmens, die kurz- und langfristige Finanzierung, die Gewinnverteilung und die Art und Weise, wie das Unternehmen geführt wird.

Für Sozialunternehmen gibt es folgende Rechtsformen:

  • gemeinnützige GmbH (gGmbH), gemeinnützige Aktiengesellschaft (gAG), gemeinnützige Unternehmergesellschaft (gUG): Die Gründung kann allein oder im Team erfolgen. Die persönliche Haftung ist beschränkt. Der Geschäftszweck muss gemeinnützig, mildtätig oder kirchlich sein und die Gewinne werden nicht ausgeschüttet. Die Rechtsform erlaubt, Spendengelder zu sammeln und sieht steuerliche Begünstigungen vor. Die Gemeinnützigkeit, die durch den Namen klar erkennbar ist, muss jedoch alle drei Jahre erneut vom Finanzamt anerkannt werden.
  • eingetragener Verein (e. V.): Die Gründung ist nur mit mindestens sieben Mitgliedern möglich. Zudem muss ein Vorstand gebildet werden – jedes Vereinsmitglied hat eine Stimme bei Entscheidungen.
  • UG, GmbH, AG: Die Mission kann sozial oder gewerblich sein, sowie sozial mit gewerblichem Anteil. Die Gründung kann allein oder im Team erfolgen. Die persönliche Haftung ist beschränkt.

Mehr Informationen zu dem Thema sowie tolle Tools findest du zum Beispiel auf den Webseiten Für-Gründer.de und Gründen in Berlin, sowie auf der Gründer Plattform.

Sozialunternehmen scheitern oftmals an den Finanzierungsmöglichkeiten

Um sich einen Überblick über die bestehenden Herausforderungen für Sozialunternehmen zu verschaffen, fragt SEND diese jährlich für den Deutschen Social Entrepreneurship Monitor (DSEM) nach dem Status ihrer Organisation ab. In der aktuellen vierten Auflage des Monitors wird deutlich, dass das Thema Finanzierung nach wie vor eine große Hürde für Sozialunternehmen darstellt”, erklärt Bornmann von SEND. Die drei häufigsten Herausforderungen seien die mangelnde Folgefinanzierung nach der Gründung, die Komplexität öffentlicher Finanzierungsmöglichkeiten sowie fehlende Startfinanzierung.

„Der erschwerte Zugang zu Fördermitteln lässt sich mit einer weiteren Herausforderung erklären: die immer noch geringe Akzeptanz von Social Entrepreneurship in der deutschen Gesellschaft, sowohl in der Politik, als auch bei Investor*innen und Geldgeber*innen generell. Fast 80 Prozent der befragten Sozialunternehmen geben zum Beispiel an, dass sie sich von der Politik wenig bis sehr wenig unterstützt fühlen.”

Hier findest du einige Finanzierungsmöglichkeiten:

  • Die wichtigsten Finanzierungsmöglichkeiten und Förderprogramme in der EU findest du hier.
  • Die Schwab Foundation for Social Entrepreneurs bietet Förderprogramme an.
  • Der GründungsBONUS ist ein Förderprogramm des Landes Berlin, das Existenzgründungen und Start-ups unterstützt.
  • Das Social-Business-Angels-Programm der Hilfswerft verknüpft dich mit passenden Business Angels.
  • Das EXIST-Gründerstipendium unterstützt Studierende, Absolvent*innen sowie Wissenschaftler*innen, die ihre Gründungsidee realisieren möchten.
  • In unserem Artikel Fortschritt und Impact: Wie kann die nachhaltige Modebranche besser zusammenarbeiten?” findest du zudem zahlreiche Accelerator-Programme, die sich auch für Sozialunternehmen eignen.

Du willst mehr zum Thema Finanzierung wissen? Lass es uns gerne in den Kommentaren wissen!

Unterstützungsangebote und Netzwerke für Sozialunternehmen

  • Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland (SEND): Netzwerk und Anlaufstelle für angehende oder bereits erfolgreiche Social Entrepreneurs.
  • Ashoka: Globales Netzwerk für Social Entrepreneurs.
  • Social Impact Lab: Eröffnet jungen Menschen an verschiedenen Standorten die Möglichkeiten des Social Entrepreneurships.
  • Hilfswerft: Vermittelt unternehmerisches Wissen als Gründungsbegleitung für Sozialunternehmer*innen und unterstützt Gründungsinteressierte.
  • Purpose: Internationales Netzwerk aus Organisationen, die sich mit Non-Profit-, Beratungs- und Investment-Aktivitäten für Unternehmen in Verantwortungseigentum einsetzen.
  • Social Entrepreneurship Akademie (SEA): Anlaufstelle für alle, die ein Sozialunternehmen gründen möchten oder bereits gegründet haben. 
  • Social Entrepreneurship BW (SocEntBW): Netzwerk mit regelmäßigen Veranstaltungen für (angehende) Sozialunternehmen in Baden-Württemberg.

Lies unsere Folgeartikel zum Thema Sozialunternehmen:
Social Entrepreneurship: Weniger Ego, mehr Impact” und „Walk the talk: Wie wir soziales Unternehmer*innentum ehrlich kommunizieren

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