Fangen wir mit den bekannten Fakten an: Rana Plaza in Bangladesch war ein achtstöckiges Gewerbegebäude, das mehrere Bekleidungsfabriken beherbergte, die Kleidung für bekannte internationale Marken herstellten – darunter Primark, Mango, Benetton und Kik. Am Tag vor dem Einsturz wurden Risse im Gebäude entdeckt, die einen Evakuierungsbefehl auslösten. Die Fabrikbesitzenden und das Management ignorierten jedoch die Warnungen und zwangen die Textilarbeiter*innen, am nächsten Tag zur Arbeit ins einsturzgefährdete Gebäude zurückzukehren. Was dann passierte, ging auf tragische Weise in die Geschichte ein: Am 24. April 2013 stürzte das Rana-Plaza-Gebäude ein und riss 1.134 Menschen in den Tod, weitere 2.500 wurden verletzt.
Nach weitreichendem Druck von Gewerkschaften, Investor*innen und Arbeitsrechtsaktivist*innen schlossen sich Dutzende Bekleidungsmarken und Einzelhändler zusammen, um neue Vereinbarungen zur Gewährleistung von Gesundheit und Sicherheit in Bangladeschs Fabriken einzuführen. Doch was hat sich seither wirklich verändert? Sind Fabriken mittlerweile tatsächlich sicherer? Und konnten die Abkommen die Arbeitsbedingungen verbessern?
Diese Abkommen wurden in den letzten zehn Jahren nach Rana Plaza verabschiedet
Seit dem Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes im Jahr 2013 wurden folgende Abkommen verabschiedet:
1. Accord on Fire and Building Safety in Bangladesh:
Nach dem Unglück wurde dieses rechtlich verbindliche Abkommen zwischen globalen Marken, Einzelhändlern und Gewerkschaften ins Leben gerufen, um die Sicherheit in Fabriken zu gewährleisten. Innerhalb weniger Monate nach der Einführung des Abkommens unterzeichneten 200 Marken das Abkommen von Bangladesch, was dazu führte, dass etwa 1.800 Fabriken im Land inspiziert wurden.
Nach einer Erweiterung des verbindlichen Abkommens im Sommer 2021 ist es nun weltweit als Internationales Abkommen für Gesundheit und Sicherheit bekannt. Zu den grundlegenden Elementen des neuen Abkommens von 2021 gehören unter anderem:
- die Achtung der Vereinigungsfreiheit von Mitarbeitenden,
- eine gemeinsame Governance zwischen Arbeitnehmer*innen und Marken,
- ein hohes Maß an Transparenz, was die Sicherheitsmaßnahmen in den Fabriken angeht,
- ein unabhängiger Beschwerdemechanismus für Textilarbeiter*innen,
- und ein Schulungs- und Sensibilisierungsprogramm für Arbeitsschutzausschüsse.
Die Entscheidung, dieses Abkommen auch nach Pakistan zu expandieren, wurde während eines Meetings der Unterzeichnenden am 14. Dezember 2022 bekannt gegeben. Pakistan wird immer wichtiger für die globale Textil- und Bekleidungsindustrie und gehörte im Jahr 2022 laut Statista auch in Deutschland zu einem der wichtigsten Herkunftsländer für Bekleidungsimporte. Die Unterzeichnenden aus Bangladesch einigten sich darauf, in Pakistan ab Januar 2023 ein neues Arbeitsschutzprogramm für eine anfängliche Laufzeit von drei Jahren einzurichten. Das daraus resultierende Abkommen heißt Pakistan Accord on Health & Safety in the Textile & Garment Industry.
Derzeit hat das Internationale Abkommen für Gesundheit und Sicherheit nur Programme in Bangladesch und Pakistan. Doch die Unterzeichnenden beabsichtigen nach eigenen Angaben, das Abkommen in Zukunft auf weitere Länder auszudehnen.
2. Alliance for Bangladesh Worker Safety:
Diese von nordamerikanischen Marken geleitete Initiative wurde bereits im Dezember 2018 eingestellt, da die Amtszeit von fünf Jahren damals auslief. Die Plattform arbeitete parallel zum Accord und verfolgte ähnliche Ziele hinsichtlich der Verbesserung von Sicherheit und Arbeitsbedingungen in der Branche. Sie inspizierte laut eigenen Aussagen mehr als 700 Textilfabriken in Bangladesch, aus denen die nordamerikanischen Marken (wie Target, Walmart und Gap) Produkte beziehen. Nach Angaben der Allianz in ihrem fünften und damit letzten Bericht wurden 93 Prozent der in den Fabriken festgestellten Sicherheitsmängel behoben, 428 Fabriken hätten sogar alle Behebungsarbeiten abgeschlossen. Um welche Sicherheitsmängel es sich handelt, wird jedoch nicht immer ganz klar. Die Clean Clothes Campaign kritisierte die Bemühungen der Allianz und den Mangel an Transparenz bereits im Jahr 2016.
Arbeitsbedingungen in Bangladeschs Textilfabriken: Was hat sich seit Rana Plaza 2013 verbessert?
In den letzten zehn Jahren haben die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie Bangladeschs vermehrt Aufmerksamkeit erregt. So stellt sich auch die Frage, welche spürbaren Fortschritte seit 2013 in den Textilfabriken erreicht wurden und wie die Situation für die Arbeitnehmer*innen heute aussieht.
Der Bangladesh Accord dokumentiert 150.000 identifizierte Sicherheitsrisiken
Laut den Zwischenberichten des Bangladesh Accords wurden seit 2014 knapp 1.600 Fabriken etwa alle vier Monate inspiziert. Nach einer Erstinspektion musste die Fabrik einen Korrekturmaßnahmenplan (inklusive Zeitplänen) entwickeln, um jedes Sicherheitsrisiko zu beseitigen. Später wurden dann Folgeinspektionen durchgeführt, um die Behebung zu überwachen und sicherzustellen, dass die Korrekturmaßnahmen korrekt abgeschlossen wurden. Laut eines Berichts aus dem Mai 2021 wurden dank des Accords knapp 40.000 Erst- und Folgeinspektionen durchgeführt und mehr als 150.000 Sicherheitsrisiken identifiziert, die behoben werden mussten. Der gleiche Bericht legt vor, der Bangladesh Accord sei deshalb so erfolgreich gewesen, weil er rechtlich durchsetzbar war, den Gewerkschaften Macht verlieh und im Kern unabhängige Inspektionen, Schulungen und einen Beschwerdemechanismus umfasste.
„Im Zuge des Abkommens wurden Brandschutzmaßnahmen erweitert, Elektrik überprüft und verbessert und bauliche Veränderungen an Gebäuden vorgenommen. Es kam auch zu Fabrikschließungen”, erklärt Dr. Gisela Burckhardt, Vorstandsvorsitzende und Mitgründerin von FEMNET, einem gemeinnützigen Verein mit besonderem Fokus auf existenzsichernde und sozialgerechte Arbeitsbedingungen in der Bekleidungsindustrie. Dass das neue Abkommen auch auf Pakistan ausgeweitet wurde, sei daher ein großer Erfolg.
Auch das Bewusstsein für Emissionsreduktion sei gestiegen, so Ariane Piper, Nachhaltigkeitsreferentin und Länderkoordinatorin bei Fashion Revolution Deutschland. „Es wird viel in bessere und effizientere Technologien investiert. Auch die Regulierung von chemischen Inputs und Abwasser hat an Fahrt aufgenommen.”
Arbeitsrechte bleiben laut aktuellen Analysen weitgehend unverändert
Die Arbeitssicherheit ist laut der Berichte des Bangladesh Accord und nach Meinung der zitierten Expert*innen zwar gestiegen, jedoch blieben Löhne und weitere Arbeitnehmendenrechte in den letzten zehn Jahren weitgehend unverändert.
Entschädigungen nach dem Einsturz kamen zögerlich
Die Überlebenden und betroffenen Familien des Einsturzes des Rana-Plaza-Gebäudes wurden für Einkommensverluste und medizinische Kosten zwar entschädigt, die Auszahlung der insgesamt 30 Millionen US-Dollar wurde allerdings erst nach zwei Jahren und aufgrund intensiver Kampagnen seitens NGOs (wie der Clean Clothes Campaign) von den verantwortlichen Marken bereitgestellt. Der zuerkannte Mindestbetrag für Ansprüche für verstorbene, vermisste Arbeiter*innen und Menschen mit schweren Verletzungen wurde laut der Clean Clothes Campaign auf 1.050.000 BDT (Bangladeshi Taka, umgerechnet 1.500 Euro) festgesetzt. Leicht verletzte Arbeiter*innen erhielten Entschädigungen ab 105.000 BDT (umgerechnet 1.200 Euro).
Es werden weiterhin Armutslöhne gezahlt
Seit dem Einsturz des Rana-Plaza-Gebäudes wird der Mindestlohn im Bekleidungssektor in Bangladesch alle fünf Jahre überprüft. Vor fünf Jahren wurde der Lohn auf 8.000 BDT (circa 69 Euro) festgesetzt, was nur der Hälfte der gemeinsamen Forderung der Arbeiter*innen entsprach. Dieser Lohn, der bereits 2018 einem Armutslohn entsprach, gilt trotz Inflation und weitverbreiteten Arbeiterprotesten immer noch.
„Trotz sicherer Fabriken konnte der Accord die Arbeitsbedingungen vor Ort nicht verbessern”, berichtet Dr. Gisela Burckhardt von FEMNET. „Den Näher*innen werden immer noch keine existenzsichernden Löhne gezahlt – Ausbeutung, Überstunden und geschlechtsspezifische Gewalt am Arbeitsplatz sind weiterhin Teil dieser Industrie.” Das Exportvolumen Bangladeschs ist höher als vor der Corona-Pandemie: 2019/2020 lag der Export bei fast 28 Milliarden US-Dollar, 2021/2022 waren es schon 42,6 Milliarden US-Dollar. „In der Folge nehmen Druck und Arbeitsdichte der Arbeiter*innen sogar zu.”
Vereinigungsfreiheit ist immer noch keine Normalität
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Arbeitsbedingungen ist die Vereinigungsfreiheit, welche den Arbeitnehmenden ermöglicht, sich kollektiv zu organisieren und gemeinsam für ihre Rechte einzutreten. Dadurch können sie angemessene Löhne, gerechte Arbeitszeiten und mehr Sicherheit am Arbeitsplatz fordern. Durch die Zusammenarbeit in Gewerkschaften oder Arbeitnehmervertretungen erhalten die Arbeitnehmenden eine stärkere Verhandlungsposition gegenüber ihren Arbeitgeber*innen und können somit ihre Arbeitsbedingungen und soziale Absicherung verbessern.
Trotz eines anfänglichen Anstiegs neuer Gewerkschaften in den ersten Jahren nach dem Rana-Plaza-Einsturz geriet die Vereinigungsfreiheit erneut unter starken Druck. Obwohl die Vereinigungsfreiheit in der Verfassung von Bangladesch verankert ist und das Land die Kernkonventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ratifiziert hat, gibt es in der Praxis immer noch erhebliche Hindernisse für die Ausübung dieses Rechts:
- Repression und Einschüchterung: Arbeiter*innen, die versuchen, sich gewerkschaftlich zu organisieren oder für bessere Arbeitsbedingungen einzutreten, werden laut Global Rights Index 2022 häufig von ihren Arbeitgeber*innen eingeschüchtert, entlassen oder bedroht. Gewerkschaftsaktivist*innen und -führer*innen könnten in einigen Fällen sogar Gewalt oder Verfolgung ausgesetzt sein, heißt es weiter.
- Bürokratische Hürden: Die Registrierung von Gewerkschaften in Bangladesch ist mit bürokratischen Hürden und hohen Anforderungen verbunden, was es Arbeiter*innen erschwert, sich offiziell zu organisieren. Die Regierung hat zwar einige Reformen zur Erleichterung der Gewerkschaftsregistrierung versprochen, jedoch sind diese Reformen bisher unzureichend oder nur langsam umgesetzt worden. Dr. Sabine Ferenschild, die das SÜDWIND Institut beim Textilbündnis und in der Kampagne für Saubere Kleidung vertritt, hat in einem Interview mit Fashion Changers erklärt, dass die Neugründung einer Gewerkschaft von mindestens 20 Prozent der Beschäftigten des Betriebs unterstützt werden muss.
- Mangelnde Unterstützung von Arbeitgeber*innen und Regierung: Arbeitgeber*innen im Bekleidungssektor zeigen laut Global Rights Index 2022 oft wenig Bereitschaft, mit Gewerkschaften zusammenzuarbeiten oder Verhandlungen über Löhne und Arbeitsbedingungen zu führen. Die Regierung von Bangladesch hätte in der Vergangenheit nicht ausreichend darauf gedrungen, dass Arbeitgeber*innen das Recht auf Vereinigungsfreiheit respektieren und umsetzen.
Was muss als Nächstes passieren?
Das derzeitige zweijährige Mandat des Internationalen Abkommens läuft im Oktober 2023 aus und muss durch ein neues Abkommen mit ebenso strengen Schutzmaßnahmen abgelöst werden. Es wird die Unterstützung aller 192 Marken benötigen, die die Vereinbarung jetzt unterzeichnet haben, sowie von etablierten Marken wie Levi’s und Ikea, die die Vereinbarung noch nicht unterzeichnet haben.
Das Bangladesch-Abkommen von 2013 hätte durchaus zu einigen Veränderungen und Verbesserungen im Bereich der Arbeitsbedingungen und Sicherheitsstandards in der Bekleidungsindustrie geführt, resümiert Christina Hajagos-Clausen, Leiterin der Textil- und Bekleidungsindustrie von IndustriALL Global Union: „Das neue Abkommen in Bangladesch und Pakistan bewahrt und fördert die grundlegenden Elemente, die das erste Abkommen aus dem Jahr 2013 überhaupt erst erfolgreich gemacht haben.” „Vor allem aber validiert es ein neues Lieferkettenmodell der Arbeitsbeziehungen, das sich auf verbindliche Regeln konzentriert, um Marken für ihre Auswirkungen auf Arbeitnehmer*innen zur Rechenschaft zu ziehen, und nicht auf freiwillige Initiativen.” IndustriALL ist eine der globalen Gewerkschaftsföderationen, die circa 50 Millionen Mitglieder von 197 Einzelgewerkschaften organisiert und am Erfolg des Bangladesh Accord mitbeteiligt ist.
Systemischer Wandel: Machtverhältnisse müssen neu gedacht werden
Im Rückblick auf den Rana-Plaza-Einsturz und die daraus resultierenden Veränderungen in der Textilindustrie – beziehungsweise deren Mangel – stellt sich die Frage, welche weiteren Schritte nötig sind, um nachhaltige und langfristige Verbesserungen zu erreichen. In der Debatte um die globalen Machtverhältnisse und die Notwendigkeit eines umfassenden Wandels in Bezug auf Arbeitsbedingungen und soziale Gerechtigkeit gewinnt der Ruf nach einer Neugestaltung der Machtverhältnisse zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden immer mehr an Bedeutung. „Wir brauchen dringend einen systemischen Wandel”, sagt Nazma Akter, Gewerkschafterin aus Bangladesch und Gründerin der Awaj Foundation. Die Awaj Foundation ist eine Arbeitsrechts-NGO mit über 600.000 Arbeitnehmer*innenmitgliedern in ganz Bangladesch. „Die Macht zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden muss gerechter verteilt werden. Wir brauchen zudem mehr gewerkschaftliche Organisierung, Tarifverhandlungen und existenzsichernde Löhne sowie Mutterschutz. Der Arbeitsplatz muss gewaltfrei sein”, fordert Akter.
Auf die Frage, welche Verantwortung globale Modemarken haben, um die Stimme der Arbeitnehmer*innen zu stärken und sie in ein Gespräch über eine sicherere und gerechtere Textilindustrie einzubeziehen, hat Akter klare Worte: „Ich glaube nicht, dass globale Modemarken viel Verantwortung übernehmen können oder werden. Wir müssen uns hier nichts vormachen. Sie sind schließlich die, die am meisten von diesem System profitieren. Sie sind es, die uns ausbeuten. Textilarbeiter*innen erwarten schon lange nichts mehr von Marken, die eigentlich für ihre prekäre Situation verantwortlich sind.”
Nazma Akter wünscht sich in allererster Linie langfristige Geschäftsbeziehungen zwischen Marke und Lieferant, die auf fairen Einkaufspraktiken basieren. Sie hofft, dass die Lieferkettengesetze – sei es auf EU-Ebene oder die, die in einigen Ländern Europas in Kraft getreten sind oder diskutiert werden – Arbeiter*innen vor Ort besser schützen werden. „Ohne rechtsverbindliche Sorgfaltspflicht und tiefgehende Transparenz in den Lieferketten wird es keine langfristige Verbesserung geben. Hier müssen wir also global anknüpfen.”
2023 steht eine neue Mindestlohnüberprüfung an
Da 2023 eine neue Mindestlohnüberprüfung ansteht, drängen die Gewerkschaften darauf, dass ein*e Gewerkschaftsvertreter*in in den Prozess einbezogen wird. Darüber hinaus fordern die Gewerkschaften eine Verdreifachung des derzeitigen Mindestlohns – etwas, das die kapitalstarken Bekleidungsmarken, die in den Fabriken Bangladeschs einkaufen, leicht decken könnten, indem sie die Preise, die sie den Fabriken zahlen, leicht erhöhen.
„Wenn wir an Kernbereiche in Bezug auf Verbesserungen in der Textilindustrie denken, handelt es sich immer noch um ein sehr breites und weitgefächertes Feld an Herausforderungen und Lösungsansätzen”, erklärt Ariane Piper von Fashion Revolution Deutschland. „Wir bei Fashion Revolution fokussieren uns aktuell auf Arbeitsbedingungen und im Speziellen auf Löhne. Diese sind ein zentrales Element für ein menschenwürdiges Leben und maßgeblich für verbesserte Lebensbedingungen der Menschen entlang der textilen Lieferketten. Hierfür haben wir mit einem Netzwerk aus Partnern die Good Clothes Fair Pay-Kampagne gestartet – eine europäische Bürger*inneninitiative – und sammeln Unterschriften für eine politische Reaktion.”
Vereinigungsfreiheit muss stärker gefördert werden
Laut der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) sollte die Regierung von Bangladesch das nationale Arbeitsrecht überprüfen, um Hürden für die Registrierung von Gewerkschaften zu beseitigen. Die Regierung, Fabrikbesitzer*innen und Marken sollten gemeinsam ein günstiges Umfeld für Gewerkschaftsaktivitäten und Tarifverhandlungen schaffen, das es derzeit nicht gibt.
Gemeinsam Verantwortung übernehmen
Expert*innen wie Dr. Gisela Burckhardt von FEMNET und Berichte des Bangladesh Accords halten fest, dass seit dem verheerenden Rana Plaza-Einsturz im Jahr 2013 zwar einige Fortschritte in Bezug auf die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie Bangladeschs erzielt wurden, jedoch noch immer erhebliche Herausforderungen bestehen. Verbesserungen in der Arbeitssicherheit und die Implementierung von Kontrollmechanismen zeigen, dass die internationale Gemeinschaft und die Industrie gemeinsam Verantwortung übernehmen können. Dennoch bleiben Themen wie angemessene Bezahlung, Arbeitnehmerrechte und Vereinigungsfreiheit weiterhin kritische Punkte, an denen sowohl lokale als auch globale Akteure weiterarbeiten müssen.
Es ist von entscheidender Bedeutung, dass der Druck von Konsumierenden, Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen und Regierungen aufrechterhalten wird, um weitere Verbesserungen der Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie Bangladeschs (und darüber hinaus!) zu erreichen. Die Zukunft der Branche und das Wohlergehen der Arbeitnehmer*innen hängen von einer nachhaltigen und fairen Entwicklung ab, bei der alle Beteiligten ihren Teil der Verantwortung übernehmen.
- Informiere dich über die Fashion Revolution Week 2023, die dieses Jahr ganz im Namen des 10. Jahrestages des Rana-Plaza-Unglücks steht. Events werden unter anderem von Fashion Revolution Deutschland und Greenpeace organisiert.
- Kampagne unterschreiben: „Good Clothes, Fair Pay“ ist eine Kampagne, die Rechtsvorschriften für existenzsichernde Löhne in der Bekleidungs-, Textil- und Schuhbranche fordert. Um diese Forderung formell an die EU-Kommission zu adressieren, braucht es jedoch eine Million Unterschriften von EU-Bürger*innen – 600.000 davon allein in Deutschland. Hier kannst du unterschreiben.
- Demonstrieren: Am 1. Mai (Tag der Arbeiter*innenbewegung) kannst du bei den Demonstrationen der Gewerkschaften mit Protestschildern oder Infoständen auf die Verletzung der Rechte der Arbeiter*innen in Bangladesch hinweisen.
- Filmabend organisieren: Mach andere auf die Lage in Bangladesch aufmerksam. Veranstalte einen Filmabend zum Thema „Made in Bangladesh“ und im Anschluss eine Diskussionsrunde über den Film. Den Film kannst du in Medienzentralen ausleihen. Zusätzliche Informationen und Materialien dazu sind bei der Kampagne für Saubere Kleidung erhältlich.
- Organisationen vor Ort unterstützen: Wenn du kannst, unterstütze mit einer Spende die Arbeit von Organisationen, die direkt in Bangladesch arbeiten, zum Beispiel an die Awaj Foundation, das Bangladesh Center for Workers’ Solidarity (BCWS) oder den Solidaritätsfonds von FEMNET e.V.
- Auf sensible Sprache achten: Nachhaltigkeitsexpertin Lavinia Muth hat einen Leitfaden für respektvolle Kommunikation rund um die Fashion Revolution Week zusammengestellt. Darin findet sich unter anderem dieser Hinweis für sensible und dekolonisierte Sprache: Arbeitnehmerrechtsaktivist*innen und Bekleidungsarbeiter*innen selbst sprechen nicht vom Fashion Revolution Day, sondern vom Rana Plaza Remembrance Day.
Titelbild: © Nazma Akter
Eigentlich träumte Medina immer davon, mit ein paar Hunden irgendwo im Nirgendwo zu leben. The simple life. Nach ihrem Studium des Völkerrechts tauchte sie dann als Juristin in die Welt der Menschenrechte ein und fand bei Fashion Changers Gleichgesinnte. Ob soziale Ungerechtigkeit, nachhaltige Geschäftsmodelle oder Arbeitsrechte – Medina schreibt bei Fashion Changers über verschiedene Themen, um Lesende zu einer Diskussion anzuregen.