Podcasts sind für uns eine der wichtigsten Medien heutzutage, um nützliche Infos zu erfahren und interessante Menschen kennenzulernen. Kein Wunder also, dass wir schon länger Fans von Kestrel Jenkins sind. Kestrel hostet den wunderbaren Podcast Conscious Chatter, in dem sie immer wieder spannende Menschen zu Wort kommen lässt und auch selbst ganz viele Insights teilt.
Zur letzten Fashion Week im Januar 2019 konnten wir die US-Amerikanerin dann endlich auch persönlich kennenlernen. Und nicht nur das, sie interviewte uns auch für ein Panel im Conscious Loft von Mochni. Wir fühlten uns quasi wie in ihrem Podcast und es war klar, dass wir andersrum auch ihr einige Fragen stellen wollen. Et voilá, die Podcasterin und mittlerweile auch Fair Fashion Label Gründerin Kestrel Jenkins steht uns Rede und Antwort. Wir sprechen über die Fair Fashion-Szene in den USA, das Podcasten und warum es heutzutage wichtig ist, auch politische Inhalte in der (nachhaltigen) Modewelt zu diskutieren.
Wie bist du zum Podcasten gekommen?
Kestrel Jenkins: “Je mehr ich darüber nachdenke, desto verrückter ist es. Es war eine unerwarteter Weg, der bis zu meiner Ausbildung zurückgeht. Ich hatte damals einen Freund, der Podcasts über Nachhaltigkeit und Mode gesucht hat und schnell merkte, dass es dazu nichts gibt. Er schlug vor, dass ich eine Sendung zu Themen entwickle, über die ich schon auf meinem damaligen Blog schrieb. Meine erste Reaktion war: “Haha, coole Idee, aber ich habe keine Ahnung, wie man einen Podcast macht.” Aber irgendwas daran hat mein Interesse geweckt und ich fing an zu recherchieren, wie man eigentlich einen Podcast macht. Schnell merkte ich, dass das nicht so schwer ist: Du kaufst ein Mikrofon und nimmst Interviews über Skype auf. So habe ich angefangen und mir im Laufe der Zeit alles beigebracht. Das Lustige ist, dass ich Internationaler Journalismus studiert habe und sogar ein Praktikum bei einem lokalen Radiosender gemacht habe. Als ich mit dem Podcasten anfing, dachte ich, dass ich keinerlei Erfahrungen hatte, aber natürlich kannte ich schon viele Grundlagen aufgrund meines Ausflug zum Radio. Je länger ich den Podcast machte, desto mehr habe ich verstanden, wie wirkungsvoll Audio-Medien sind – und bin dabei geblieben.”
Wenn du eine Person nennen müsstest, wer war dein Lieblingsgast bei Conscious Chatter und warum?
Kestrel Jenkins: “Ich habe so viel von jedem einzelnen Gast gelernt. Ich glaube, dass die Stärke der Sendung wirklich von dem Community-Kollektiv kommt, das ich aufgebaut habe.”
Für welche Modethemen interessiert du dich derzeit am meisten?
Kestrel Jenkins: “Ich interessiere mich sehr für den psychologischen Aspekt hinter Mode, also für Konsumverhalten und Strategien, wie wir Verhaltensveränderungen anregen können.”
Wie würdest du die Fair Fashion Bewegung in den USA beschreiben?
Kestrel Jenkins: “Das Interesse an Nachhaltigkeit und Mode ist in den letzten Jahren definitiv gewachsen. Aber wir sind geografisch gesehen ein sehr großes Land und das Thema nachhaltige Mode tritt unterschiedlich stark in den einzelnen Bundesstaaten auf. Dank der Medien sind die Fakten über die Modeindustrie zwar bekannter geworden, aber es gibt noch viel zu tun.”
Und wie steht es um die Fair Fashion-Blogosphäre in den USA? Gibt es da so etwas wie eine Community?
Kestrel Jenkins: “Es gibt auf jeden Fall Communities in den USA, die Fair Fashion-Blogger*innen miteinander connecten. Aber heutzutage finde ich es auch beeindruckend zu sehen, wie Blogger*innen sich weltweit miteinander verbinden. Ich liebe es, mit anderen zu connecten, um das Thema voranzubringen, weil wir alle so viel dazulernen können. Mit anderen Autor*innen oder Blogger*innen zusammenzuarbeiten hat eine große Schlagkraft und ist notwendig, um die Industrie weiter herauszufordern. Ich arbeite derzeit an zwei verschiedenen Projekten in Zusammenarbeit mit anderen Fair Fashion-Bloggerinnen.”
Du hast dein eigenes Modelabel – Left Edit. Was is das Konzept dahinter und warum hast du dein eigenes Modelabel gegründet?
Kestrel Jenkins: “Yes! Left Edit stellt besondere Essentials zusammen. Unser Konzept besteht darin, dass wir Teil für Teil dabei helfen, mit Fast Fashion aufzuhören. Wir glauben ganz stark an die Power des eigenen Stils, sich selbstbewusst und wohl in der eigenen Kleidung zu fühlen. Uns geht es nicht darum, endlose Optionen zu bieten, sondern darum die richtigen zu haben.
Nachdem ich mit meiner Mitgründerin jahrelang recherchiert habe, haben wir schließlich beschlossen, Left Edit aufzuziehen. Eine ganze Weile habe ich mit mir gerungen und mich gefragt, ob wir noch ein weiteres Modelabel brauchen. Aber nach endlosen Diskussionen und Gesprächen mit anderen in der nachhaltigen Modeszene, habe ich gemerkt, dass es nicht genügend Optionen gibt, wenn es um Preis und Ästhetik geht. Eine Marke nachhaltig aufzubauen, ist nicht einfach. Wir haben auch nicht die Antworten auf alle Fragen. Aber wir geben unser Bestes, etwas aufzubauen, uns Zeit dafür zu nehmen, und Qualität zu schaffen, die man nachhaltig wertschätzt.”
In unserer Bubble sprechen wir viel über Inklusion und Diversität in der Mode und stellen immer wieder fest, dass es nur wenige Fair Fashion Labels gibt, die Mode für eine diverse Kundengruppe machen. Wie steht es hier um den US-Markt?
Kestrel Jenkins: “Diversität und Inklusion sind Teil des Dialogs in den USA und ein Thema, das langsam mehr Beachtung findet, unter anderem. wegen außergewöhnlichen Blogger*innen wie Dominique Drakeford von Melanin & Sustainable Style, Aditi Mayer von ADIMAY oder Hoda Katebi von JooJoo Azad. Trotzdem gibt es noch viel zu tun. Wie Dominique Drakeford kürzlich sagte: “Die nachhaltige Modebewegung hat blind einen Ort geschaffen, an dem wir Ausbeutung, Aneignung und Unterdrückung im Namen des Guten tolerieren. Wir haben zugelassen, dass sich ethnische Ungerechtigkeiten manifestieren, weil wir niemals wirklich in der anti-kolonialen Wahrheit verankert waren.” Ethnische Beziehungen und strukturelle Ungleichheit müssen der Anfang und Mittelpunkt innerhalb des nachhaltigen Mode-Dialogs sein. Da sind wir noch lange nicht. Um diese Diskussion wirklich voranzutreiben, müssen wir uns selbst, im Hinblick auf Rassismus und wie dieser strukturell funktioniert, weiterbilden.
Wie du weißt, sind wir ein Start-up und ein neues Business in der Fair Fashion Szene zu gründen, kann manchmal richtig hart sein. Was treibt dich an?
Kestrel Jenkins: “Es ist immer eine Achterbahnfahrt. Conscious Chatter finanziert mich bisher immer noch nicht dauerhaft. Nichtsdestotrotz ist es so wichtig, dass wir als Community über Fair Fashion sprechen, um zu lernen, Überschneidungen zu finden und Veränderung herbeizuführen. Feedback, Fragen oder Ideen von meinen Hörer*innen zu bekommen, motiviert mich, mit dem Podcast weiterzumachen.”
Wie denkst du, könnte sich die Zusammenarbeit zwischen Content Creators und Fair Fashion Brands verbessern?
Kestrel Jenkins: “Wir leben gerade in einer merkwürdigen Zeit. Blogger*innen haben ihr Following in immens große Communitys verwandelt und Brands verstehen nun diesen Wert. Allerdings denke ich, dass es einen schmalen Grat bei diesen Zusammenarbeiten gibt. Ich sehe Influencer*innen, die zu kämpfen haben, immer Produkte zu teilen, um Rechnungen zu bezahlen – und Follower*innen, die sich an der Werbung stören. Die Zeit ist gekommen, in der Kreativität wieder wichtig wird. Konsument*innen sind schlau und wollen Content Creators folgen, die eine authentische Stimme haben. Deshalb müssen Kooperationen bedeutungsvoller und inspirierender werden. Es geht nicht länger darum, etwas zu tragen und dazu einen Post zu machen.”
Wo siehst du die Fair Fashion Blogosphäre in fünf Jahren?
Kestrel Jenkins: “Gute Frage! Wir sehen jetzt schon CGI-Influencer [Anm. d. Red.: Computer Generated Imagery, also computergenerierte Bilder] – etwas, das Angst und Faszination zugleich auslöst -, und ich kann mir gar nicht vorstellen, inwiefern technologische Entwicklungen die Zukunft der Blogosphäre beeinflussen werden.”
Wen sollten wir als nächstes im Fashion Changers Magazin featuren?
Kestrel Jenkins: “Aditi Mayer.”