Funktionswäsche: Wie lassen sich Performance und Nachhaltigkeit verbinden?

Insbesondere in der kälteren Jahreszeit ist Funktionswäsche viel gefragt, denn wer beim Sport sowohl warm als auch trocken bleiben will, kommt mit Kleidung aus Baumwolle schnell an Grenzen. Das österreichische Unternehmen Löffler hat in den 70er Jahren das Material transtex® entwickelt, das eine besonders gute Wärmeregulierung bietet. Das Material enthält allerdings unter Anderem die Synthetikfaser Polypropylen. Nun stellt der Sporthersteller eine nachhaltigere Version vor: transtex® Retr’x – mit recycelten Fasern und OEKO-TEX® „Made in Green“-Zertifizierung. Sieht so die Funktionswäsche der Zukunft aus?

Eine Frau sitzt auf einem grauen Boden: sie trägt graue Performance Funktionswäsche von der Sportmarke Löffler

Für Sportfans spielt Funktionswäsche eine entscheidende Rolle. Sie liegt beim Sport als erste Schicht auf der Haut und kann bei Anstrengung dafür sorgen, dass der Körper weder auskühlt noch überhitzt. Dazu hat Funktionswäsche in der Regel eine Art Schweißtransport (von innen nach außen), um den Körper trocken zu halten. Außerdem soll sie in der Regel sehr bequem, leicht, gut transportierbar und elastisch sein, um sportlichen Leistungen nicht im Weg zu stehen. Stichwort: Performance Wear.

Um diese Funktionen zu erhalten, werden in der Textilbranche verschiedene Materialien und Materialmischungen genutzt:

– Naturfasern, wie zum Beispiel Merinowolle (isolierend, geruchshemmend, Selbstreinigungsfunktion)
– Kunstfasern, wie Polyester, Polypropylen oder Polyamid (schnelltrockend, leicht, gut zu reinigen)
– Mischgewebe, die Performance-Aspekte von beiden Faserarten vereinen sollen

Performance und Nachhaltigkeit – ein Widerspruch?

Der Sporthersteller Löffler hat sich vor 50 Jahren für die dritte Option, also das Mischgewebe, entschieden. Der unternehmenseigen entwickelte Stoff transtex® besteht aus einem zweischichtigen Gestrick: als innere Schicht wird Polypropylen aufgrund der sehr geringen Feuchtigkeitsaufnahme genutzt und als äußere Schicht Baumwolle, die die Feuchtigkeit speichert. So entsteht der Effekt des Schweißtransports und die Haut bleibt trocken. Diese Kombination aus Materialien verbunden mit der Stricktechnik brachte ein Level von textiler Performance mit sich, das im Sportbekleidungsbereich schnell sehr beliebt wurde. Inzwischen werden für die äußere Schicht neben Baumwolle auch Modal, Tencel oder Merinowolle genutzt.

Was aus sportlicher Sicht viele positive Effekte hat, kann aus ökologischer Sicht auch Bedenken verursachen. Als Kunstfaser gehört Polypropylen zu den synthetischen Polymeren – und ist damit erdölbasiert. Hier zeigt sich also ein Spannungsfeld zwischen Performance und Nachhaltigkeit, denn die identische Performance von Sportbekleidung wäre ohne Polypropylen nicht zu erreichen. Gleichzeitig muss das Nutzen von fossilen Rohstoffen in der Textilindustrie stark reduziert werden, um ihren Beitrag zur Eindämmung der Klimakrise zu leisten. Aktuell steigen die Emissionen in der Mode- und Textilindustrie immer noch und alle Akteur*innen der Branche sind gefragt, eben diese zu reduzieren.

Schritte in Richtung nachhaltigere Performance

Um Nachhaltigkeit und Performance stärker zu verbinden, entwickelt Löffler nun transtex® weiter und stellt transtex® Retr’x vor. Die Weiterentwicklung des Stoffes besteht nun erstmals aus recycelten Polypropylen-Fasern, kombiniert mit dem Baumwollgarn recot2, das wiederum zu 25 Prozent aus recycelter Baumwolle und zu 75 Prozent aus GOTS-zertifizierter Baumwolle besteht. Die verwendete Baumwolle wird weder eingefärbt noch gebleicht und der Stoff wird am Firmensitz des Unternehmens in Österreich gestrickt. Die ersten Löffler-Produkte, die aus dem neuen Stoff entstanden sind, sind gleichzeitig auch die ersten „Made in Green“-zertifizierten Produkte im Sortiment. „Made in Green“ ist ein nachverfolgbares OEKO-TEX®-Produktlabel für Textilien und Lederartikel, die auf Schadstoffe, umweltfreundliche und sozial verantwortliche Produktion geprüft wurden. Hinter OEKO-TEX® und dem Label „Made in Green“ steht das Prüfinstitut OETI, Institut für Ökologie, Technik und Innovation.

Markus Reisegger-Huber, Nachhaltigkeitsmanager bei Löffler

Wir wollten mehr zum Prozess hinter der Zertifizierung wissen und haben Markus Reisegger-Huber, Nachhaltigkeitsmanager bei Löffler, gefragt.

transtex® Retr’x – der Weg zu den ersten Made in Green-zertifizierten Produkten

Eine blonde Frau ist von hinten zu sehen bis zu den Schulterblättern, sie trägt ein Funktionsoberteil von Löffler in grau
transtex® Retr’x ist ISPO Award Gewinner 2022. Die Jury zeigte sich überzeugt vom Einsatz von Recyclingmaterialien und dem „Zurückerobern von Baumwolle für den Ausdauersport“.

Fashion Changers: Wie war der Zertifizierungsprozess für Löffler?

Markus Reisegger-Huber: „Der Prozess hatte für uns viele Vorteile. Alles ist sehr detailliert und strukturiert. Als gut befinden wir auch den ‚Sicherheitsfaktor‘ der Angaben, das heißt, der Lieferant muss meine Eingabe als Marke/Hersteller gegenbestätigen, ohne dessen Zustimmung für jede einzelne Komponente des Produkts kann ich die Zertifizierung nicht beantragen. Allerdings bindet so ein Prozess natürlich auch viel Zeit. Dazu kommt, dass viele Lieferanten im Umgang mit dem Zertifizierungssystem und den damit verbundenen Dateneingaben sehr wenig Erfahrung haben. Lieferanten müssen sich zum Beispiel meistens zuerst noch bei den entsprechenden Plattformen registrieren. Es fehlt also einfach noch an Wissen und Erfahrung. Da wir mit unserer Produktionsstätte in Bulgarien seit Sommer 2023 STeP-zertifiziert sind, kennen wir nun beide Seiten – als Hersteller und als Marke – und können mit diesem Wissen auch unseren anderen Lieferanten im Prozess helfen.“

Fashion Changers: Wieso habt ihr euch für Made in Green entschieden – und nicht beispielsweise für eine andere Zertifizierung?

Markus Reisegger-Huber: „Löffler ist schon seit Jahren OEKO-TEX® Standard 100 zertifiziert (1989), außerdem waren wir der erste Hersteller, der sich in Österreich STeP zertifizieren ließ (2014). Löffler und OEKO-TEX® verbindet daher eine sehr lange und gute Zusammenarbeit. So haben wir auch weiterhin auf deren Zertifizierungssystem gesetzt. Made in Green ist und war für uns die ‚nächste Stufe‘, weil es alle Aspekte, die in der nachhaltigen Produktion eines Produktes aus unserer Sicht wichtig sind, sehr gut berücksichtigt werden – und es auch den Endkund*innen, die letztlich das Produkt auf ihrer Haut tragen, Sicherheit gibt. Es werden dadurch die Schadstofffreiheit der Materialien mit den sozialen Aspekten der Herstellung und der Umwelt kombiniert. Wir sehen es außerdem als ein Tool, um Transparenz in der Textilbranche zu schaffen und auch Greenpeace hat die Relevanz und Vertrauenswürdigkeit vor Kurzem in einer Studie bestätigt, was uns natürlich auch motiviert und zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

Fashion Changers: Für den Anfang sind aber nur einige wenige eurer transtex® Produkte zertifiziert, richtig?

Markus Reisegger-Huber: „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wenn man sich damit beschäftigt – auch wenn es für den Anfang nur ein paar wenige Produkte sind – und man dazu Daten generiert, eine Grundlage hat, um sich zu entwickeln und verbessern. Ein Vorteil von Löffler ist hier die schon immer regionale Ausrichtung der Produktion in Österreich und Europa. Nicht nur Marke, sondern auch Produzent zu sein und alle Schritte selbst in der Hand zu haben, ermöglicht uns außerdem genau hinzusehen und Schritt für Schritt Dinge zu optimieren. Wir arbeiten daran, künftig weitere ‚Made in Green‘-Produkte anzubieten. Ab Frühling/Sommer 2024 gibt es Retr’x Light, unsere erste einschichtige Funktionswäsche aus Recycling-Polypropylen.“

Interessant zu wissen

Löffler ist sich bewusst darüber, dass Mischfasern schwierig zu recyceln sind. Die Entscheidung für eine Mischfaser ist in der Funktion begründet. Gleichzeitig sucht der Sportbekleidungshersteller nach Wegen, für besseres Recycling zu sorgen. Ein erster Erfolg: Löffler schickt ihrem Garnlieferant, von dem sie das Recycling-Polypropylen für Retr’x beziehen, Stoffreste aus dem Zuschnitt seit ca. einem Jahr zurück. Bei den Stoffresten handelt sich es um Reste aus dem Zuschnitt der transtex Light Funktionswäsche (= Monomaterial, bzw. einschichtige Funktionswäsche, aus reinem Polypropylen).

Zertifizierung gut, alles gut?

Performance Wear und die Sportbekleidungsbranche holistisch nachhaltig zu gestalten, ist ein kompliziertes und großes Unterfangen und das Spannungsfeld zwischen Performance und Nachhaltigkeit ist mit einer Zertifizierung nicht aufgelöst. Allerdings ist es – gerade in der Outdoor- und Sportbranche – ein guter Schritt, über die Prüfung von Drittparteien Schadstoffe und weitere ökologische Risiken zu minimieren. Denn gerade wenn Kleidungsstücke ganz besondere Eigenschaften haben sollen, ist ein erhöhter Schadstoffeinsatz nicht selten.

Gleichzeitig muss mit Funktionskleidung und -wäsche immer auch das Bewusstsein einher gehen, wann welche Funktionen tatsächlich notwendig sind – von Unternehmen und von denjenigen, die sie am Ende nutzen. Denn wer fast nur noch Performance Wear im Kleiderschrank hat und im Zweifelsfall jederzeit ausgestattet ist, um Ausdauersport zu machen, kann sich zwar über innovative Textilfunktionen im Alltag freuen, verbraucht aber auch Ressourcen, wo sie nicht notwendig sind. Oder anders gesagt: Der Spaziergang lässt sich in aller Regel auch in einem einfachen, nachhaltig hergestellten Shirt ohne besondere Funktionen machen.

Mit diesem Verständnis lassen sich folgende Punkte für eine bessere Vereinbarung von Performance und Nachhaltigkeit ableiten:

  1. Funktionskleidung sollte achtsam produziert und vertrieben werden.
  2. Wer nachhaltigere Funktionswäsche sucht, kann nach Zertifizierungen Ausschau halten und so eine nachhaltigere Produktion unterstützen.
  3. Zu Beginn sollte die Frage stehen: Welche Funktionen brauche ich wirklich?

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