Brauchen wir Fashion Weeks eigentlich noch?

Bald ist wieder Fashion Week in Berlin und die Vorfreude ist groß. Aber wie zeitgemäß ist das Konzept der halbjährigen Modewochen eigentlich noch? Sind sie angesichts der zahlreichen Krisen, allen voran der Klimakrise, überhaupt noch vertretbar?

Die Berlin Fashion Week findet vom 5. bis 8. Februar 2024 mit unterschiedlichen Formaten statt.  Und da nach der Fashion Week  bekanntlich vor der Fashion Week ist, finden in dieser Zeit auch die Modewochen in New York, London, Paris und Berlin statt. Die Leute lieben es. I get it.

Als Jugendliche habe ich nach der Schule oft Fashion TV geschaut – ein Fernsehsender, der sich ausschließlich Mode- und Lifestylethemen widmet. Lange Zeit war das eines meiner Lieblingsprogramme – ich konnte mir stundenlang Modenschauen reinziehen und die tollen Looks bewundern. Irgendwann habe ich dann festgestellt, dass es bei alledem gar nicht nur um die Kleidung geht. Sondern um das große Ganze: Die Location, die wochenlang vorbereitet wird, die Musik, die in manchen Fällen sogar extra für die Show geschrieben wird, das Casting der Models, das Make-up, die Energie. 

Eine Fashion Week wird monatelang geplant – und all das, um innerhalb von zehn bis 15 Minuten die Looks der Saison zu präsentieren. Schon damals habe ich mich gefragt, ob sich dieser Aufwand überhaupt lohnt. Klar, ich habe es geliebt. Aber sind Fashion Weeks als Konzept nicht überholt?

Modenschauen als Kunstform 

Der Laufsteg ist die Bühne der Exzesse. Denken wir nur einmal an die Modenschauen von Chanel oder Louis Vuitton: Rolltreppen, Springbrunnen und sich drehenden Karussells sind hier nicht selten Teil des Konzepts. Und auch bei Häusern wie Valentino, Prada und Alexander McQueen ähneln die Prêt-à-Porter-Kollektionen eher der Couture, so hoch sind die dargebotene Handwerkskunst, die Präzision und die Ideen. Modenschauen werden zum Spektakel, zum Social-Media-Push, setzen Trends. Ich frage mich: Ist das noch Mode oder schon Unterhaltung? Wohl eher beides. Im Interview mit Vogue erklärte der Designer Dries van Noten 2020, Modenschauen seien für ihn noch immer das große Finale eines kreativen Prozesses.

Modenschauen haben etwas Avantgardistisches, Kunstvolles an sich. Der Laufsteg wird zur Leinwand, zum Forum, um die künstlerische Identität der Designer*innen für die Saison aufzubauen und etwas Bahnbrechendes und Inspirierendes zu zeigen. Shows sind in gewisser Weise eine Form der Kommunikation, sie erzählen eine Geschichte.

Eine Fashion Week ist längst nicht mehr nur ein Mittel, um Mode zu präsentieren und zu zeigen, was in sechs Monaten im Trend und in den Läden erhältlich sein wird, sie ist auch eine wichtige Gelegenheit für Modeschaffende, Einkäufer*innen, Redakteur*innen und Influencer*innen, um sich zu treffen, auszutauschen und Ideen zu sammeln.

Außerdem begeistert und inspiriert die Streetstyle-Fotografie, denn was wäre eine Modewoche ohne sie? Modemenschen aus aller Welt reisen an und präsentieren jeden Tag neue ausgefallene Looks, um darin die zahlreichen Shows zu besuchen oder auf After Partys zu tanzen. Mittlerweile mag ich den Streetstyle sogar lieber als die eigentlichen Shows. Die Looks sind irgendwie unaufgeregter, cooler, authentischer – gleiches gilt für die Bilder, die Momentaufnahmen der Showgäst*innen zeigen.

Können Fashion Weeks nachhaltig sein?

Fashion Weeks sind nach einer Pandemie-bedingten Pause mittlerweile wieder voll im Gange – und mit ihnen auch die Verschwendung. Modeschaffende reisen um die halbe Welt, um Kamerahandy-Schnappschüsse ihrer Lieblingslooks und -momente zu machen. Vor Ort fahren unzählige Autos Influencer*innen, Journalist*innen, Stylist*innen und Einkäufer*innen von Event zu Event.

Und dann wären da natürlich noch die Umweltauswirkungen der Showproduktion, die Sets und Requisiten, die erstellt werden, Einladungen und Shownotizen, nicht zu vergessen die enorme Menge an Strom, die für die Beleuchtung verbraucht wird, sowie die ganzen Goodie-Bags. Genau diese Verschwendung ist es, die mich bei aller Modebegeisterung frustriert zurücklässt.

Als Jugendliche vorm Fernseher habe ich über all das nicht nachgedacht. Aber aus heutiger Perspektive frage ich mich: Ist es nicht völlig unverantwortlich, Modewochen weiterhin auf die gleiche Weise zu veranstalten? Braucht die Fashionszene wirklich halbjährliche Zyklen oder geht das mittlerweile nicht auch irgendwie anders, besser, nachhaltiger?

Und dann wären da natürlich noch die Umweltauswirkungen der Showproduktion, die Sets und Requisiten, die erstellt werden, Einladungen und Shownotizen, nicht zu vergessen die enorme Menge an Strom, die für die Beleuchtung verbraucht wird, sowie die ganzen Goodie-Bags. Genau diese Verschwendung ist es, die mich bei aller Modebegeisterung frustriert zurücklässt.

Immerhin: Die Macher*innen der Copenhagen Fashion Week haben mittlerweile Nachhaltigkeitsanforderungen eingeführt. Alle Marken im offiziellen Showplan müssen ein Mindestmaß an Standards einhalten. Dazu gehören etwa die Verwendung von mindestens 50 Prozent zertifizierter oder nachhaltiger, up-oder recycelter Materialien, ein sicheres Arbeitsumfeld und ein Zero-Waste-Konzept für die Show.  Seit dem 31. Januar 2023 werden nur noch Bewerber*innen für den Showplan berücksichtigt, deren Nachhaltigkeitsbemühungen diese Mindeststandards erfüllen. 

Die Veranstalter*innen der Fashion Week Berlin betonen auf ihrer Webseite, dass die Modewoche eine Bewegung für Kreativität, Nachhaltigkeit und Innovation” sei. Weiter heißt es, dass Nachhaltigkeit ein wesentliches Element der Wettbewerbe „Berlin Contemporary” und „Studio2Retail” sei. Auch Greenwashing-Checks habe es in den vergangenen Saisons gegeben.

Fashion Weeks bleiben eine Konstante

Über den Sinn oder Unsinn der Fashion Weeks habe ich in den letzten Jahren (etwa im Zusammenhang mit unserer Membership) sehr viel nachgedacht und recherchiert –  herausgefunden, dass selbst Designer*innen sich teilweise nicht sicher sind, ob Fashion Shows noch zeitgemäß sind. 

Nichtsdestotrotz bleibt die Präsentation neuer, saisonaler Kollektionen durch Modenschauen eine Konstante. So werden die beliebten Shows wohl auch in den nächsten Jahren die wichtigste Methode sein, um neue Ideen zu vermitteln – sei es für große oder kleine Marken. Und um ehrlich zu sein, freue ich mich darüber, denn so ganz ohne Fashion Week könnte ich mir die Modewelt dann doch nicht vorstellen.

 

Wie ist eure Meinung zu Fashion Weeks? Lasst es uns gerne in den Kommentaren wissen!

Titelbild © Pexels
Dieser Artikel wurde 2022 erstmalig von unserer Autorin Medina Imsirovic geschrieben. Aktualisierung: 2024.

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