Von Greenwashing zu Greenhushing: Warum Modeunternehmen ihre Umweltmaßnahmen verschweigen

Die bevorstehende Einführung der Green-Claims-Richtlinie in der Europäischen Union sorgt für Bewegung in der Modebranche. Viele Unternehmen überdenken und ändern aktuell ihre Art der Nachhaltigkeitskommunikation. Ein überraschender Trend dabei ist, dass einige nun sogar dazu übergehen, ihre umweltfreundlichen Praktiken gänzlich zu verheimlichen. Steuern wir auf eine Ära des sogenannten „Greenhushings“ zu, in der Unternehmen aus Furcht vor Kritik schweigen, statt ihre Fortschritte zu teilen?

Greenhushing

Die bevorstehende Einführung der Green-Claims-Richtlinie in der Europäischen Union sorgt für Bewegung in der Modebranche. Viele Unternehmen überdenken und ändern aktuell ihre Art der Nachhaltigkeitskommunikation. Ein überraschender Trend dabei ist, dass einige nun sogar dazu übergehen, ihre umweltfreundlichen Praktiken gänzlich zu verheimlichen. Steuern wir auf eine Ära des sogenannten „Greenhushings“ zu, in der Unternehmen aus Furcht vor Kritik schweigen, statt ihre Fortschritte zu teilen?

Take-Aways
  • Greenhushing vs. Greenwashing: Greenhushing und Greenwashing sind gegensätzliche Ansätze irreführender Umweltkommunikation. Während Greenwashing die Übertreibung von umweltfreundlichen Praktiken beinhaltet, bedeutet Greenhushing das Verschweigen tatsächlicher, positiver Umweltmaßnahmen.
  • Verschiedene Formen von irreführender Umweltkommunikation: Neben Greenwashing und Greenhushing gibt es weitere Begriffe wie Greencrowding, Greenlighting, Greenshifting, Greenlabelling, Greenrinsing und Greenwishing, die unterschiedliche Herangehensweisen von Unternehmen an grüne Ansprüche beschreiben.
  • Greenhushing in der Modebranche: Ein Bericht von der Nachhaltigkeitsberatung South Pole zeigt, dass viele Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsbudgets erhöht haben, aber 25 Prozent haben entschieden, ihre wissenschaftlich fundierten Emissionsreduktionsziele nicht zu veröffentlichen. Dabei kommt Greenhushing in der Modebranche häufiger vor als in anderen Branchen. 
  • Gründe für Greenhushing: Zu den Gründen für Greenhushing gehören Angst vor Kritik, das Vermeiden von zu hohen Erwartungen, interne Unsicherheiten, mangelnde Messbarkeit und Verifizierbarkeit, regulatorische Bedenken sowie eine Unternehmenskultur, die Nachhaltigkeit nicht priorisiert.
  • Auswirkungen von Greenhushing: Greenhushing kann zu einer mangelnden Anerkennung tatsächlicher Fortschritte im Bereich der Nachhaltigkeit führen, das Vertrauen von Verbraucher*innen untergraben und die Entwicklung hin zu nachhaltigeren Praktiken verlangsamen.
  • Empfehlungen für Modeunternehmen: Modeunternehmen sollten unter anderem auf eine realistische Zielsetzung achten, sowie eine authentische Berichterstattung und Feedbacksysteme.

Die Europäische Union steht kurz davor, mit einem neuen Vorschlag das Phänomen des Greenwashings – die Verwendung von Schlagworten wie „nachhaltig“, „umweltfreundlich“ und „verantwortungsvoll“ ohne substanzielle Belege – erheblich einzuschränken. Die sogenannte Green-Claims-Richtlinie, die voraussichtlich nicht vor Sommer 2024 von der EU verabschiedet werden wird, stellt eine bedeutende Veränderung dar: Sie verlangt, dass sämtliche Umweltaussagen von Marken wissenschaftlich fundiert sein müssen. So weit, so gut. Doch diese neuen regulatorischen Anforderungen könnten auch unerwartete Nebenwirkungen haben. Expert*innen befürchten, dass die strengere Regulierung von Greenwashing das Aufkommen von Greenhushing fördern könnte.

Was ist Greenhushing?

Greenhushing, auch Climate Hushing genannt, bezeichnet eine Praxis, bei der Unternehmen ihre umweltfreundlichen Maßnahmen, Erfolge oder Nachhaltigkeitsbemühungen absichtlich herunterspielen, verheimlichen oder nicht öffentlich kommunizieren. Der Begriff Greenhushing wurde erstmals 2008 vom Markenstrategen Jerry Stifelman und dem Autor Sami Grover in einem Blogbeitrag für die Nachhaltigkeitsseite Treehugger.com geprägt. Greenhushing kann aus verschiedenen Gründen erfolgen. Einige Unternehmen befürchten möglicherweise, dass ihre Bemühungen als unzureichend oder oberflächlich kritisiert werden könnten. Andere möchten vielleicht vermeiden, dass zu hohe Erwartungen an ihre Nachhaltigkeitsziele gestellt werden, oder sie sehen sich nicht in der Lage, die Erfüllung dieser Ziele zu garantieren. In manchen Fällen kann Greenhushing auch aus einer unsicheren oder unklaren Nachhaltigkeitskommunikationsstrategie resultieren.

Das Greenhushing-Phänomen kann dazu führen, dass echte und signifikante Fortschritte im Bereich der Nachhaltigkeit nicht anerkannt oder gewürdigt werden. Dies wiederum kann die allgemeine Wahrnehmung von Nachhaltigkeitsbemühungen in der Wirtschaftswelt beeinflussen und zu einer gewissen Skepsis oder Misstrauen gegenüber der Authentizität solcher Bemühungen beitragen.

Greenhushing vs. Greenwashing

Greenwashing und Greenhushing sind zwei Seiten derselben Medaille, da es um die irreführende Umweltkommunikation von Unternehmen geht, jedoch mit gegensätzlichen Ansätzen. Greenwashing beinhaltet die Übertreibung oder Falschdarstellung von Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeitsbemühungen eines Unternehmens. Ziel ist es, das öffentliche Image zu verbessern und von weniger umweltfreundlichen Praktiken abzulenken.

Im Gegensatz dazu bezieht sich Greenhushing auf das bewusste Herunterspielen oder Verschweigen realer, positiver Umweltmaßnahmen. In diesem Zusammenhang werden tatsächliche, (oft bedeutende) Fortschritte in Richtung Nachhaltigkeit gemacht, diese aber nicht aktiv kommunizieren. Während Greenwashing oft eine Strategie ist, um Aufmerksamkeit zu erlangen und das Image zu verbessern, ist Greenhushing eher eine defensive Taktik, um Risiken zu minimieren und stille Fortschritte zu machen.

„Stille Fortschritte“ im Kontext von Greenhushing beziehen sich auf nachhaltige Maßnahmen oder Verbesserungen, die ein Unternehmen tatsächlich durchführt, aber nicht aktiv an die Öffentlichkeit kommuniziert. Diese Fortschritte sind real und positiv, werden aber aus verschiedenen Gründen von den Unternehmen nicht beworben oder hervorgehoben. Zum Beispiel könnte ein Unternehmen erfolgreich seine Energieeffizienz verbessern, Abfall reduzieren oder zu faireren Arbeitsbedingungen in seiner Lieferkette übergehen. Trotz dieser echten Verbesserungen in Sachen Nachhaltigkeit wählt das Unternehmen aus strategischen Gründen keine hohen Erwartungen zu wecken, diese Fortschritte nicht öffentlich zu machen. In diesem Sinne sind „stille“ Fortschritte wichtige Schritte in Richtung Nachhaltigkeit, die intern innerhalb des Unternehmens stattfinden, aber extern nicht sichtbar gemacht werden.

Beide Praktiken – Greenwashing und Greenhushing – können negative Auswirkungen haben. Greenwashing führt zu Misstrauen und Zynismus bei den Verbraucher*innen, wenn die Wahrheit ans Licht kommt. Greenhushing hingegen untergräbt das Vertrauen in die Bemühungen von Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit, weil es den Eindruck erweckt, dass kaum Fortschritte erzielt werden. Beide Praktiken verzerren also das Verständnis davon, was Nachhaltigkeit bedeutet und wie sie erreicht werden kann.

50 Shades of Green: von Greencrowding über Greenlighting zu Greenrinsing

Greenhushing und Greenwashing sind nicht die einzigen Praktiken, die Unternehmen heranziehen. Im Januar 2023 veröffentlichte der gemeinnützige Think Tank Planet Tracker das Paper „The Greenwashing Hydra“, in dem festgestellt wird, dass Greenwashing immer ausgefeilter wird und in sechs „Grüntöne“ eingeteilt werden kann: Greencrowding, Greenlighting, Greenshifting, Greenlabelling, Greenrinsing und Greenhushing

Grüne Begriffsdefinitionen
  • Greencrowding: Dieser Begriff bezieht sich darauf, dass Unternehmen versuchen, sich hinter der Masse zu verstecken, um nicht aufzufallen. Wenn viele Unternehmen gleichzeitig Nachhaltigkeitsrichtlinien entwickeln, tendiert die Gruppe dazu, sich nach dem Tempo des langsamsten Mitglieds zu richten. Das bedeutet, dass Fortschritte im Bereich Nachhaltigkeit oft langsamer erfolgen, da niemand besonders hervorstechen möchte.
  • Greenlighting: Hierbei lenkt ein Unternehmen die Aufmerksamkeit auf eine kleine, umweltfreundliche Eigenschaft seiner Produkte oder Dienstleistungen. Dies geschieht oft, um von umweltschädlichen Praktiken abzulenken.
  • Greenshifting: Dies tritt auf, wenn Unternehmen die Verantwortung für Umweltprobleme auf die Verbraucher*innen abwälzen. Sie suggerieren, dass nicht ihre Produktionsweisen, sondern das Verhalten der Konsumierenden das eigentliche Umweltproblem darstellt.
  • Greenlabelling: Bei dieser Praxis bezeichnen Unternehmen ihre Produkte oder Dienstleistungen als “umweltfreundlich” oder “nachhaltig”, aber eine genauere Betrachtung zeigt, dass diese Behauptungen irreführend sind, weil sie nicht der Wahrheit entsprechen. 
  • Greenrinsing: Dies bezeichnet das regelmäßige Ändern von Umwelt- und Nachhaltigkeitszielen durch ein Unternehmen, bevor diese tatsächlich erreicht werden. Das kann den Eindruck erwecken, dass das Unternehmen aktiv an Nachhaltigkeitszielen arbeitet, obwohl es in Wirklichkeit keine konkreten Fortschritte macht.

Ein weiterer Begriff, der zunehmend Beachtung findet, ist das sogenannte Greenwishing. Dieser Ausdruck soll 2019 von Duncan Austin, einem Investor und Nachhaltigkeitsforscher, geprägt worden sein. Greenwishing bedeutet, dass Unternehmen oder Personen hoffen, ihre Bemühungen um Nachhaltigkeit seien wirksamer und würden einen größeren Wandel bewirken, als es tatsächlich der Fall ist. Sprich: Es geht um die überoptimistische Annahme, dass ihre guten Absichten im Bereich Umweltschutz mehr bewirken, als es die Realität zeigt. Diese Bezeichnung spiegelt die manchmal optimistische oder unrealistische Einstellung wider, bei der die tatsächliche Wirkung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen überschätzt wird. Greenwishing betont die Kluft zwischen den idealistischen Zielen und den praktischen, oft komplexen Herausforderungen, die mit der Umsetzung von effektiven Umweltschutzstrategien verbunden sind.

Solitaire Townsend, Mitgründerin der Beratungsagentur Futerra, fügt dem Dialog um umweltbezogene Kommunikationsstrategien von Unternehmen noch einen weiteren Begriff hinzu: Greensplaining. Sie definiert Greensplaining als das Verhalten von Unternehmen, die Menschen mit klimawissenschaftlichen Informationen überhäufen, anstatt konkrete Maßnahmen zu zeigen und zu ermöglichen. Diese Praxis beinhaltet oft das Überladen von Konsumierenden und Stakeholdern mit komplexen wissenschaftlichen Daten und Fakten, was dazu führen kann, dass die eigentlichen Schritte, die für den Umweltschutz erforderlich sind, in den Hintergrund treten. Das Konzept des Greensplaining hebt hervor, wie wichtig es ist, nicht nur über Umweltthemen aufzuklären, sondern auch praktikable Lösungen und Handlungsmöglichkeiten anzubieten.

Das Konzept des Greensplaining kann aus verschiedenen Gründen von Unternehmen angewendet werden. Einerseits könnte es als eine täuschende Kommunikationsstrategie eingesetzt werden: Indem Unternehmen sich auf die Bereitstellung komplexer klimawissenschaftlicher Informationen konzentrieren, lenken sie möglicherweise von fehlenden oder unzureichenden konkreten Umweltschutzmaßnahmen ab. In diesem Fall wäre es eine Taktik, um von ihrem eigenen mangelnden Engagement in Sachen Nachhaltigkeit abzulenken und kritische Fragen zu vermeiden.

Andererseits könnte Greensplaining auch das Resultat eines anderen Kommunikationsfokus sein, bei dem Unternehmen den Schwerpunkt auf die Aufklärung und Informationsvermittlung setzen, statt direkt Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. In diesem Fall wäre es weniger eine Frage der Täuschung, sondern eher eine unvollständige oder unausgewogene Kommunikationsstrategie.

In beiden Fällen weist das Konzept des Greensplaining darauf hin, dass eine effektive Kommunikation über Nachhaltigkeit eine Balance zwischen Aufklärung und der Darstellung praktischer Schritte und Lösungen erfordert. Es ist wichtig, dass Unternehmen nicht nur über Umweltprobleme informieren, sondern auch zeigen, was sie konkret unternehmen, um diese Probleme anzugehen.

Die Gründe für Greenhushing sind vielfältig

Im Oktober 2022 veröffentlichte South Pole, ein Unternehmen für Nachhaltigkeitsberatung, einen Jahresbericht, der die Fortschritte von Unternehmen auf dem Weg zu Netto-Null-Emissionen seit 2020 bewertet. Aus diesem Bericht geht hervor, dass 75 Prozent der 1.200 befragten börsenorientierten Großunternehmen (darunter 102 in der DACH-Region) ihre Budgets in den letzten zwölf Monaten erhöht hatten, um ihre Netto-Null-Ziele zu erreichen und ihre Nachhaltigkeitsteams zu erweitern. Dies zeigt ein verstärktes Engagement für Klimaschutz und Nachhaltigkeit.

Interessanterweise stellte South Pole jedoch auch fest, dass 25 Prozent dieser Unternehmen wissenschaftlich fundierte Emissionsreduktionsziele festgelegt hatten, sich aber entschieden, diese nicht öffentlich zu machen. Statt die Ziele zu veröffentlichen, wurden diese im Greenhushing-Stil zurückgehalten.

Besonders auffällig war, dass Konsumgüterunternehmen, einschließlich Modebrands, häufiger Greenhushing betreiben als der weltweite Durchschnitt.

Die Gründe für Greenhushing sind vielfältig und komplex. Hier einige der Hauptfaktoren, die unter anderem von Expert*innen wie Duncan Austin und Unternehmen wie South Pole aufgezeigt werden:

  • Angst vor Skepsis oder Kritik: Unternehmen befürchten oft, dass ihre Bemühungen im Umweltbereich als unzureichend oder symbolisch – und damit unauthentisch – kritisiert werden könnten.
  • Unvollständige oder laufende Projekte: Unternehmen, die sich in den Anfangsphasen ihrer Nachhaltigkeitsinitiativen befinden, sind zögerlich darüber zu berichten, bis signifikante Ergebnisse erzielt werden. Dies kann aus der Sorge entstehen, dass vorläufige oder unvollständige Projekte die Öffentlichkeit nicht überzeugen.
  • Zu hohe Erwartungen vermeiden: Manche Unternehmen fürchten, dass das Bekanntgeben ihrer Umweltinitiativen zu hohen Erwartungen führen könnte, die sie möglicherweise nicht erfüllen können. Dies kann besonders bei langfristigen oder ambitionierten Zielen der Fall sein.
  • Konkurrenzdruck und Marktstrategien: Einige Unternehmen bevorzugen eine diskrete Herangehensweise an Nachhaltigkeit, um sich von Konkurrenten abzuheben oder um spezifische Marktstrategien zu verfolgen. Taktiken offenzulegen, könnte der Konkurrenz Vorteile verschaffen.
  • Interne Unsicherheiten: Unternehmen mit internen Unsicherheiten bezüglich ihrer Nachhaltigkeitsstrategien neigen dazu, ihre Bemühungen weniger zu kommunizieren. Dies kann zum Beispiel auf mangelnde Ressourcen, unklare Zielsetzungen oder interne Unstimmigkeiten zurückzuführen sein.
  • Unternehmenskultur und Prioritäten: Eine Unternehmenskultur, die nicht stark auf Nachhaltigkeit oder Umweltschutz ausgerichtet ist, kann ebenfalls zu Greenhushing beitragen. In solchen Fällen werden Umweltinitiativen möglicherweise nicht als wesentlich für die Unternehmensstrategie angesehen.

Welche Folgen hat das  Schweigen für die Entwicklung der Modebranche?

Die Auswirkungen von Greenhushing sind weitreichend und beeinflussen verschiedene Aspekte der Geschäftswelt, des Umweltschutzes und der öffentlichen Wahrnehmung. Zunächst führt Greenhushing zu einer mangelnden Anerkennung tatsächlicher Fortschritte im Bereich der Nachhaltigkeit. Unternehmen, die bedeutende Schritte zur Reduzierung ihrer Umweltauswirkungen unternehmen, aber nicht darüber kommunizieren, tragen zu einem verzerrten Bild der Unternehmensbemühungen bei. Dies kann wiederum dazu führen, dass echte und wichtige Fortschritte im Umweltschutz übersehen oder unterschätzt werden.

Wenn Unternehmen ihre Erfolge im Umweltschutz nicht teilen, so heißt es im South-Pole-Bericht, entsteht ein Informationsvakuum, das den Austausch von Best Practices, Innovationen und Erfahrungen verhindert. Dies kann die branchenweite oder sogar globale Entwicklung hin zu nachhaltigeren Praktiken verlangsamen. Dies wirkt sich wiederum auch auf die politischen und gesellschaftlichen Diskurse über Umweltschutz aus. Die mangelnde Sichtbarkeit von Unternehmensbemühungen kann zu einer verzerrten Wahrnehmung der Rolle der Privatwirtschaft in der Umweltpolitik führen. Dies könnte politische Entscheidungsträger*innen dazu veranlassen, Maßnahmen zu ergreifen, die auf unvollständigen oder falschen Informationen basieren, was letztlich den Bemühungen um Umweltschutz und Nachhaltigkeit schadet.

Nachhaltigkeit kommunizieren

Hier sind einige Empfehlungen, wie Modeunternehmen mit den Herausforderungen von Greenwashing und Greenhushing umgehen können:

  • Transparenz fördern: Modeunternehmen sollten sich für eine offene Kommunikation ihrer Nachhaltigkeitsbemühungen einsetzen. Dies umfasst die klare Darstellung der Herkunft ihrer Materialien, der Produktionsprozesse und der Auswirkungen auf die Umwelt. Transparenz hilft, Vertrauen bei den Konsumierenden aufzubauen und Greenwashing- oder Greenhushing-Vorwürfe zu vermeiden.
  • Realistische Ziele setzen: Unternehmen sollten realistische, erreichbare Nachhaltigkeitsziele festlegen und diese offen kommunizieren. Ehrgeizige, aber machbare Ziele zu setzen, kann dazu beitragen, Skepsis und Kritik zu vermeiden, die oft mit Greenwashing oder Greenhushing verbunden sind.
  • Kontinuierliche Verbesserung: Statt einmaliger Aktionen sollte der Fokus auf kontinuierlicher Verbesserung liegen. Dies bedeutet, regelmäßig Fortschritte zu überprüfen, Ziele anzupassen und über Herausforderungen genauso zu berichten wie über Erfolge.
  • Authentische Berichterstattung: Die Kommunikation über Nachhaltigkeitsbemühungen sollte authentisch und ehrlich sein. Unternehmen sollten vermeiden, ihre Erfolge zu übertreiben, und gleichzeitig nicht zögern, echte Fortschritte zu teilen, selbst wenn diese noch so klein sind.
  • Alle Stakeholder einbeziehen: Stakeholder – einschließlich Mitarbeitenden, Kund*innen und Lieferanten – in Nachhaltigkeitsinitiativen einzubeziehen, kann zu umfassenderen und effektiveren Strategien führen. Dies fördert ein tiefgreifendes Verständnis und Engagement für Nachhaltigkeit auf allen Ebenen des Unternehmens.
  • Partnerschaften und Kollaborationen: Zusammenarbeiten mit anderen Organisationen, NGOs oder Brancheninitiativen können wertvolle Ressourcen und Wissen bereitstellen, um Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Solche Partnerschaften können auch die Glaubwürdigkeit und das Engagement eines Unternehmens unterstreichen.
  • Ausbildung und Bewusstseinsbildung: Die Schulung von Mitarbeitenden in Nachhaltigkeitspraktiken ist entscheidend. Ein gut informiertes Team kann nicht nur effektiver zu den Nachhaltigkeitszielen beitragen, sondern auch als Botschafter des Unternehmens fungieren.
  • Nachhaltige Innovationen vorantreiben: Investitionen in Forschung und Entwicklung neuer, nachhaltigerer Materialien und Technologien sind für die langfristige Transformation der Modebranche unerlässlich. Diese Innovationen sollten nicht nur intern genutzt, sondern auch als Teil des Unternehmensimages nach außen getragen werden.
  • Feedbacksysteme einrichten: Feedback von Kund*innen und anderen Stakeholdern ist wertvoll, um die Wirksamkeit von Nachhaltigkeitsbemühungen zu bewerten und Verbesserungen vorzunehmen. Unternehmen sollten offene Kanäle für Feedback und Kritik etablieren.
  • Regelmäßige Berichterstattung und Überprüfung: Schließlich sollten Modeunternehmen regelmäßig über ihre Fortschritte berichten, sowohl intern als auch extern. Unabhängige Überprüfungen und Audits können dabei helfen, die Glaubwürdigkeit solcher Berichte zu stärken.

Darüber hinaus beeinflusst Greenhushing die Wahrnehmung und das Vertrauen von Verbraucher*innen. Dies kann langfristig zu einem Verlust der Glaubwürdigkeit und zu einer mangelnden oder geschwächten Kund*innenbindung führen. Auch im Hinblick auf die Investitionsentscheidungen und das Marktverhalten hat Greenhushing Konsequenzen. Investor*innen, die zunehmend in nachhaltigere Unternehmen investieren möchten, könnten durch fehlende Informationen über die Umweltinitiativen eines Unternehmens zu einer falschen Einschätzung der Unternehmensperformance kommen und somit suboptimale Investitionsentscheidungen treffen.

Während Greenhushing zweifellos Herausforderungen mit sich bringt, gibt es auch Argumente, die dafür sprechen, dass es in manchen Fällen einer irreführenden Überkommunikation vorzuziehen ist. Ein Vorteil von Greenhushing könnte sein, dass es zumindest verhindert, dass Unternehmen bewusst falsche oder übertriebene Nachhaltigkeitsansprüche stellen, wie es beim Greenwashing oft der Fall ist. Im Gegensatz zum Greenwashing, das oft zu einem verzerrten Nachhaltigkeitsbegriff führt und eine falsche Sicherheit vermittelt, führt Greenhushing nicht (zwingend) zu einer Irreführung der Öffentlichkeit.

Zudem könnte Greenhushing für einige Unternehmen eine Art Zwischenstation darstellen, während sie auf eine klare Gesetzeslage warten. In dieser Phase könnten sie intern an ihren Nachhaltigkeitsstrategien arbeiten, ohne sich voreilig zu positionieren. Langfristig wird es für Unternehmen jedoch wichtig sein, sich zum Thema Nachhaltigkeit zu bekennen, da sowohl die sozialen Erwartungen als auch die politischen Rahmenbedingungen zunehmend Nachhaltigkeit einfordern. In diesem Sinne könnte Greenhushing als vorübergehender Zustand betrachtet werden, in dem Unternehmen ihre Strategien und Kommunikation anpassen, um zukünftigen Anforderungen gerecht zu werden.

Insgesamt untergräbt Greenhushing zwar die Bemühungen um Transparenz, Vertrauen und Fortschritt im Bereich der Nachhaltigkeit, es bietet jedoch auch die Möglichkeit für Unternehmen, ihre Strategien ohne den Druck vorzeitiger Veröffentlichung zu überdenken und zu verbessern.

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