„Wie muss sich die Fair-Fashion-Branche entwickeln, um nicht überholt zu werden?“

… diese Frage schwebte in der Luft als die zweite Fashion Changers Konferenz Mode & Verantwortung am 27. und 28. Oktober 2021 stattfand. Wie es war? Lest selbst.

Fashion Changers Konferenz Logo 2021

Wenn wir uns aktuell im Modekosmos umschauen, wird klar, wir müssen immer noch über Verantwortung sprechen. Die Pandemie hat große Schwachstellen in den Fokus gerückt, die jedoch auch davor bereits da waren. Und gleichzeitig scheinen Fast-Fashion-Giganten unsere Slogans à la „Change Fashion“ und „Mode und Verantwortung“ zu klauen. Ja, H&M, we see you! Was bedeuten also Begriffe wie Verantwortung, Fairness und Nachhaltigkeit überhaupt, wenn sie doch anscheinend von allen gefüllt werden können. Provokant gefragt: Wie muss sich die Fair-Fashion-Branche entwickeln, um nicht überholt zu werden? Wie können sich wertestarke Brands eine kraftvolle Community aufbauen, die bleibt? Wie können sie ihre Positionierung authentisch voranbringen? Und was kann unsere Branche dazu leisten, Fairness und Nachhaltigkeit wirklich ganzheitlich zu denken?“

Fashion Changers Konferenz 2021: dieses Mal komplett digital – auch für uns

Mit diesen Worten leiteten wir die Fashion Changers Konferenz 2021 ein – und sie hallen noch immer nach. Wir haben die Konferenz ins Leben gerufen, um genau diesen drängenden Fragen nachgehen zu können und einen Ort zu schaffen, der Raum für Fragen, konkrete Weiterbildung, Diskussion und Wachstum lässt. Aus diesem Grund haben wir 2021 das Programm auf zwei Tage ausgeweitet, was ehrlich gesagt, auch eine ganz schöne Herausforderung war. Ja, es gibt viel zu besprechen und doch ist es wichtig, dass wir uns auch immer wieder auf bestimmte Themen fokussieren, um Schritt für Schritt für Veränderung zu sorgen.

Natascha von Hirschhausen hat dazu in ihrem Vortrag zu Kollektionszyklen ganz treffend gesagt:

„Gestalterische Freiheit und Entwicklung von Ideen braucht Zeit.“

Anstöße für Lösungen

Für uns heißt das, dass wir mit der Fashion Changers Konferenz Anstöße für Lösungen schaffen können. Wir wollen mit den Themen, die wir setzen, die Grundlage fürs Weiterkommen legen. Das Feedback vieler Teilnehmenden lässt uns diesbezüglich hoffnungsvoll in die Zukunft schauen und es tut gut zu wissen, dass die Konferenz, die in diesem Jahr komplett virtuell stattfand, ein Ort ist, an dem Menschen sich verbinden können und Synergien schaffen, die sie in ihrer Arbeit voranbringen.

Feedback von Teilnehmenden

„Du hast mir Fragen beantwortet, die ich schon lange mit mir rumtrage.“

„Ich werde meine eigene Kommunikation auf jeden Fall reflektieren und überlegen, was ich ich den genannten Bereichen noch optimieren kann.“

„Das waren zwei Tage voller neuer Denkanstöße, aber auch interessanter Konversationen zu bereits bekannten Themen.“

„Sehr spannend, regt dazu an, sich eine gute Strategie zu überlegen, die nachhaltig ist und unsere Welt schützt!“

„Ganz, ganz toll, so viel wertvoller und vor allem individueller Input in so kurzer Zeit!“

Inhalte, die die Branche bewegen

Feedback, wie dieses, motiviert uns weiterzumachen und schon jetzt im Hintergrund die Weichen für die Fashion Changers Konferenz 2022 zu stellen. Aber es ist nicht nur das: Es sind die Vorträge, die Diskussionen und die verschiedenen Perspektiven, die bei den unterschiedlichen Programmpunkten entstehen.

So hat zum Beispiel Markenstrategin Doris Schoger einen wertvollen Vortrag zu Re-Commerce gehalten, in dem sie aufzeigt, wie sich die Fair-Fashion-Branche aufstellen muss, um bei dem zukunftsträchtigen Thema nicht hinten anzustehen. Denn: „Die Zeit für Re-Commerce ist definitiv jetzt.”

Oder Anne Gersdorff von den Sozialhelden, die sehr eindrücklich klar gemacht hat, warum das Produzieren in Behindertenwerkstätten problematisch ist. Ein Thema, für das die Modebranche lange Zeit nicht sensibilisiert war. In ihrem Vortrag gab sie konkrete Tipps, wie Inklusion am Arbeitsplatz wirklich aussehen kann und betonte: „Es gibt alle Möglichkeiten, um Menschen mit Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu platzieren. Unternehmen müssen diese Mittel nur nutzen!”

Im Talk zu Community-Building hatten die Teilnehmenden die Möglichkeit, sehr viele Fragen direkt an die Panelist*innen loszuwerden. Anna Yona, Gründerin von Wildling Shoes, und Benjamin Sadler, Gründer von erlich textil, standen eine Stunde lang Rede und Antwort. Dabei ging es viel um den Aufbau einer Community mithilfe von Social Media, aber auch darüber hinaus. Denn: Wo deine Community zu finden ist, hängt sehr individuell von deinem Produkt ab. Zu deiner Community gehören vor allem auch Partner*innen, mit denen du zusammenarbeitest, oder gegebenenfalls auch politische Akteur*innen. Anna Yona meint dazu: „Wir haben als Unternehmen ganz andere Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen. Weil wir ein Team und Geld dahinter haben. Weil man gefordert ist, politische Arbeit zu betreiben, weil es oft die Wirtschaft ist, die wichtigen Veränderungen entgegensteht – mit einer ganz starken Lobby.”

Im Roundtable standen Anna Yona und Benjamin Sadler Rede und Antwort.

Einen sehr spannenden Einblick in die aktuelle Lage der Wertschöpfungskette in der Textilindustrie lieferte das Panel  „Transparente Lieferketten durch moderne Technologie“. Lavinia Muth von Armedangels fand treffende und deutliche Worte: „Wir haben in der Nachhaltigkeitsbranche alle das gleiche Ziel und arbeiten auch schon gut zusammen, aber wir müssen auch gemeinsam die Machtstrukturen hinterfragen und zum Beispiel an existenzsichernden Löhnen arbeiten.”

Über das brennende Thema Kreislaufwirtschaft sprachen wir auch im Vortrag von Sarah-Maria Schmidt, Expertin für Kreislauffähigkeit. Sie betonte, dass wir aufpassen müssen, dass wir wirklich über Kreisläufe sprechen und uns nicht nur Teile davon herauspicken.

„Das große Problem der Überproduktion und des Überkonsums muss in einer echten Kreislaufwirtschaft genauso angegangen und gelöst werden, wie eben auch das Recycling selbst.”

Neu: Start-up-Area für Gründer*innen

Da die Fashion Changers Konferenz konkret als Weiterbildungsmaßnahme dienen soll – und dabei nicht nur für Fair-Fashion-Expert*innen gedacht ist – bauten wir dieses Jahr zum ersten Mal eine sogenannte Start-up-Area auf, die sich insbesondere an die Bedürfnisse von Gründer*innen richtete. Dabei gab es unter anderem Programmpunkte zum Thema Positionierung und Unternehmenswerte abseits von Nachhaltigkeit von Sophie Meisinger, dariadéh, Tipps für eine erfolgreiche PR-Arbeit von Lisa Trautmann oder auch unseren beliebten Community-Talk, in dem Juliana Holtzheimer, Jan ‘n June, und Kristine Zeller, ooia, ganz offen und ehrlich aus ihrer Gründerinnenerfahrung erzählt haben.

„Eure Werte sind nicht statisch.”

Als besonderes Highlight gab es außerdem ein Mentoring-Programm, präsentiert von Wildling Shoes, mit Sessions zu den Themen Community Building, Strategisches Sourcing, Finanzierung, Start-up-Fragen und Sourcing in African Cities. In diesen Kleingruppen konnten Teilnehmende ganz individuell Fragen stellen und diese von versierten Mentor*innen beantworten lassen.

Neben den Mentoring Sessions boten außerdem die Workshops rund um Kreislauffähigkeit, Sourcing und feministische Unternehmensführung die Möglichkeit in Gruppen ins Gespräch zu gehen und echte Handlungsstrategien zu erarbeiten.

Der Workshop von Lebenskleidung gab den Teilnehmenden einen Einblick in nachhaltiges Sourcing.

Partnerschaft mit Future Fashion Made in Africa

In Kooperation mit Future Fashion und Fashion Africa Now, die sich zu Future Fashion made in Africa zusammengeschlossen haben, hatten wir in diesem Jahr außerdem das große Glück noch mehr Inhalte anbieten zu können. Auf dem sehr spannenden Panel zu „Trade with Africa – Deconstruct Colonial Trade Relations“ gaben die Gäste hilfreiche Ansätze, um die eigene Arbeit zu dekolonialisieren. Zudem nahm Vreni mit den beiden Kooperationspartnerinnen einen Live-Podcast auf, der im Anschluss auch für alle zu hören sein wird. Sobald es soweit ist, geben wir natürlich Bescheid.

Was bleibt

Wir können nur noch einmal wiederholen, was wir auch am Ende des zweiten Tages gefühlt und ausgesprochen haben:

„Für mich war eines der schönsten Dinge, wie nahbar unsere Mentor*innen waren und es keine Vorbehalte gibt, das, was man sich selbst erarbeitet hat, ganz selbstverständlich auch an andere weiterzugeben. Wir wissen aus eigener Erfahrung, dass das eben nicht selbstverständlich ist und viele dies nicht tun.“ – Nina Lorenzen

„Ich verspüre die Lust auf Kooperation.“ – Vreni Jäckle

„Egal in welchem Programmpunkt ich war, es war sehr inhaltlich, sehr konkret. Es gab super viel Austausch und Interesse. Das zeigt uns auch, es braucht diesen Ort, wo genau das passieren kann.“ – Jana Braumüller

Vielen Dank an alle Teilnehmenden und Speaker*innen, die diese beiden Tage mit ihrem Know-how, ihrem Interesse, mutigen Fragen und Antworten und ganz viel Lust auf Veränderung geprägt und gefüllt haben.

Außerdem geht natürlich ein großes Dankeschön an unsere Unterstützer*innen – ohne die die Umsetzung der Konferenz in dieser Form nicht möglich gewesen wäre. Allen voran Wildling Shoes, die als Hauptsponsor die Konferenz vertreten haben. Wir sind sehr dankbar für diese wundervolle Zusammenarbeit, die durch ganz viel Kooperation geprägt ist. Danke auch an Polarstern Energie, Lebenskleidung und i+m Naturkosmetik Berlin. Wir wissen euren Support so sehr zu schätzen!

Nicht unerwähnt bleiben, dürfen unsere tollen Mitarbeiter*innen, die hinter den Kulissen kleine Brände gelöscht haben, für die richtige Technik sorgten oder mit Rat und Tat der Community zur Seite standen. Danke an Nora, Phoebe, Medina und Olaf.

Wen sehen wir nächstes Jahr?

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2 Antworten auf „„Wie muss sich die Fair-Fashion-Branche entwickeln, um nicht überholt zu werden?““

Liebe Fashion Changers,
leider konnte ich bei der letzten Konferenz nicht dabei sein, habe aber mit Interesse den Rückblick gelesen und bedauere sehr, dass ich die Chance zur Vernetzung nicht nutzen konnte. Deshalb hier erstens die Frage, ob Inhalte aus Vorträgen nachträglich erhältlich sind und zweitens die Frage, ob es irgendwo in eurem “Kosmos” die Möglichkeit gibt, mein persönliches Angebot vorzustellen, was vielleicht für viele Gründer:innnen/Aktivist:innen interessant sein könnte: Ich biete Produktionskapazitäten in Deutschland an (besonders für T-Shirts, aber auch anderes ist möglich). Wer also Fair Trade weiterdenkt und zu dem Schluss kommt “Wenn Konsumenten und Produzenten den gleichen Lebensstandard haben, ist das faires Wirtschaften”, der findet vielleicht, dass man dann ja am besten gleich hier bei uns produzieren könnte!
Ich arbeite nach diesem Motto und bin gerade dabei, aus meiner Näherei ein Sozialunternehmen zu machen, indem ich dort Menschen eine Arbeit anbiete, die sonst auf dem Arbeitsmarkt wenig Chancen haben (Geflüchtete, Menschen mit Einschränkungen unterschiedlicher Art…). Um diesen Prozess zu forcieren und gesund wachsen zu können, suche ich im Moment Auftraggeber – also kleine Labels, die Ihre Produkte bei uns herstellen lassen möchten.
Weitere Infos unter https://www.elkeotto.de/produktion/ und https://www.elkeotto.de/blog/produktion-der-local-kollektion-von-be-lake
Viele Grüße und vielen Dank für’s Weitergeben
Eure Elke Otto

Liebe Elke, danke für deinen Kommentar. Die Konferenz 2021 fand ausschließlich digital statt. Die Inhalte können Teilnehmende auch nachträglich abrufen (damit meine ich die, die damals ein Ticket gekauft haben). Ich nehme an, das ist bei dir nicht der Fall? Manche der Konferenz-Themen behandeln wir uns auch auf unseren Social-Media-Kanälen bzw. im Magazin – schau doch gerne mal rein. Dein Projekt klingt toll, schick mir doch gerne mehr Infos/deine Pressemappe auf folgende E-Mail-Adresse: redaktion@fashionchangers.de
Danke dir und ganz liebe Grüße, Medina