Sei es für die Maschinen in der Landwirtschaft, das Färben von Baumwollfasern oder das Gerät auf dem du gerade diesen Text liest – alles benötigt Energie. Diese kann auf nachhaltige Art gewonnen werden, zum Beispiel durch Sonne, Wasser oder Wind. Doch trotz dieser zahlreichen Alternativen, wird der Großteil des Energiebedarfs weltweit weiter durch fossile, und damit endliche, Energieträger wie Öl, Gas oder Kohle gedeckt.
Einerseits verdanken wir den fossilen Energieträgern unsere heutige Welt und den technischen Fortschritt. Andererseits sind fossile Energieträger massiv an der Klimakrise beteiligt und auch aus wirtschaftlicher Sicht schon längst in vielen Bereichen von erneuerbaren Energiequellen überholt worden. Deshalb ist es dringend notwendig, diesen Energieträgern Lebewohl zu sagen und die Energiewende im großen Umfang und schnellstmöglich voranzutreiben.
Sind erneuerbare Energiequellen besser?
Zu den erneuerbaren Energieträgern zählen die Energiegewinnung aus Sonne (Photovoltaik), Wasser (Wasserkraft), Wind (Windenergie) oder Erdwärme (Geothermie). Im Gegensatz zu fossilen Energieträgern können erneuerbare quasi unendlich Energie erzeugen. Die Umwandlung von erneuerbaren Energieträgern in Strom und Wärme geschieht fast ohne den Ausstoß von CO2. Zusätzlich scheint die Sonne umsonst. Wind, Sonne und Wasser können also nicht einfach „verbraucht” werden, wie zum Beispiel Kohle. Das sollten wir nutzen.
Für die Produktion jedoch von elektrischen Geräten wie Smartphones, Küchenmaschinen, Batterien in Elektroautos, aber auch Photovoltaikanlagen und Windrädern, werden beispielsweise Seltene Erden und Silizium benötigt. Diese werden meist in Ländern des globalen Südens abgebaut, wobei es häufig zu schweren Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzungen kommt. Obwohl diese Umstände nicht nur auf die Herstellung von Photovoltaik- und Windkraftanlagen zurückzuführen sind, erschweren sie eine nachhaltige und sozialverträgliche Energiewende.
Auch bei fossilen Energiequellen kommt es zu schweren Menschenrechtsverletzungen, beispielsweise beim Steinkohleabbau in Kolumbien oder bei der globalen Zwangsumsiedlung und Vertreibung von Menschen. Diese Steinkohle wird dann exportiert – auch nach Deutschland. Im Gegensatz zu erneuerbaren Energien jedoch kommt es bei der eigentlichen Nutzung von fossilen Energiequellen zusätzlich zu einer massiven Klimawirkung und Umweltverschmutzungen.
In Anbetracht dessen gibt es also keine Alternative zur sofortigen Energiewende. Diese muss jedoch sozialverträglich und global gerecht gestaltet werden. Dafür benötigen wir dringend ein europaweites Lieferkettengesetz, damit Unternehmen in allen Branchen für Menschenrechtsverletzungen entlang der Lieferkette haftbar gemacht werden können.
Ist Biomasse eine erneuerbare Energiequelle?
Jein. Die Verbrennung von organischen Materialien, wie Tieren oder Pflanzen zum Beispiel, wird Biomasse genannt und wird meistens auch zu den erneuerbaren Energiequellen gezählt. Wärme aus Biomasse, wie sie etwa bei Holzheizungen genutzt wird, sind unter Umständen durchaus sinnvoll.
Das Anpflanzen und direkte Verbrennen jedoch von Raps, Mais oder Getreide, zum Beispiel, ist nicht wirklich sinnvoll, da die Felder auch zum Anbau von Lebensmitteln verwendet werden können. Auch die Verbrennung von Müll zur Wärmeerzeugung macht nur bedingt Sinn, da oft wertvolle und noch recycelbare Ressourcen im Restmüll landen und so für den Wertstoffkreislauf verloren sind. Wir sehen, es ist hier nicht so einfach zu entscheiden, was eine erneuerbare Energiequelle ist und was nicht.
Warum sind erneuerbare Energiequellen so wichtig?
Da die Energieproduktion das Rückgrat von nahezu allem ist, liegt hier somit auch das größte Potenzial, um langfristig massiv CO2 einzusparen. Deswegen benötigen wir schnellstmöglich die viel besprochene Energiewende, also den Umstieg von fossilen Energieträgern auf eine Energiegewinnung aus rein nachhaltigen Ressourcen, wie beispielsweise Wind, Sonne und Wasser. Im kleinen Rahmen bedeutet das, zu einem grünen Stromanbieter zu wechseln. Im großen Rahmen – für Unternehmen – aber irgendwie auch.
Erneuerbare Energiequellen sind wichtig, um langfristig CO2 einzusparen. Jedoch müssen wir auch bedenken, dass einige der Materialien, die dafür benötigt werden, oft unter menschenunwürdigen Konditionen gewonnen werden. Hier kann das Lieferkettengesetz, sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene, die Textil- und Bekleidungsindustrie dabei unterstützen, sich nicht weiter an Menschenrechtsverletzungen zu beteiligen.
Was haben erneuerbare Energiequellen mit der Modeindustrie zu tun?
Sehr viel. Die Herstellung von Kleidung, Schuhen und Taschen ist ein sehr ressourcenintensives Handwerk und es verbraucht viel Energie in Form von Strom, Öl oder Gas. Diese Energie wird beispielsweise benötigt, um Fabriken zu beleuchten, Maschinen anzutreiben und Polyester, oder andere synthetische Fasern, herzustellen.
Zusätzlich wird sehr viel Wasser benötigt, ob zum Bewässern der Felder auf denen Baumwolle wächst, zum Färben und Waschen der Kleidung, oder zum Kühlen der Maschinen. Auch dürfen wir die vielen Menschen nicht vergessen, die an der Produktion eines Kleidungsstücks beteiligt sind. Das sind die Menschen, die auf den Feldern oder beim Spinnen der Fäden helfen. Es sind auch die Menschen, die aktiv an der Textilproduktion beteiligt sind, das heißt beim Färben, Zuschnitt und Vernähen der Stoffe. Die Mitarbeiter*innen müssen den Weg zum Arbeitsplatz und wieder nach Hause zurücklegen. Dabei dürfen wir auch nicht die Menschen vergessen, die „im Hintergrund” arbeiten und so zum Beispiel für die Logistik, den Transport der Ware und den Verkauf zuständig sind, damit die Prozesse möglichst reibungslos ablaufen können.
Im Jahr 2018 hat die Modeindustrie 2,1 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen und ist damit für vier Prozent des weltweiten Ausstoßes an Treibhausgasen, verantwortlich. Dazu zählen neben CO2 auch Methan und Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW). Vielleicht klingen vier Prozent erstmal nicht nach viel, aber das ist mehr als der Ausstoß an Treibhausgasen der Industrienationen Frankreich, Deutschland und Großbritannien zusammen! Obwohl die Modeindustrie aktuell noch sehr umwelt- und klimaschädlich ist, bietet sie genau dadurch auch viel Potenzial für den Klimaschutz und den Schutz von Menschen.
Wie viele Treibhausgasemissionen dürften maximal von der Modeindustrie bis 2030 ausgestoßen werden?
Um die Klimaschutzziele der Länder im Rahmen des Paris Abkommens einzuhalten, muss die weltweit tätige Modeindustrie ihre Emissionen um mehr als die Hälfte reduzieren – und das bis 2030. Das Ziel ist es, die Emissionen von 2,1 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalent, auf kaum mehr als eine Tonne CO2-Äquivalent zu halbieren. Eine sehr große Aufgabe für die Unternehmen und die Regierungen der Länder.
Wie kann dieses Ziel erreicht werden?
Die Herstellung und Verarbeitung der Textilien stößt den größten Anteil an Treibhausgasemissionen aus. Darum liegt hier, auf Seite der Produktionsprozesse, auch das größte Einsparungspotenzial. Hier rechnet McKinsey vor, dass von über 1,6 Milliarden benötigten Einsparungen an Treibhausgasemissionen bis 2030 knapp die Hälfte allein durch eine dekarbonisierte, beziehungsweise emissionsfreie, Materialverarbeitung erreicht werden kann. Dies beinhaltet neben dem Umstieg auf erneuerbare Energiequellen und grünen Strom, auch Effizienzsteigerungen durch beispielsweise verbesserte Webverfahren und damit zu einem sinkenden Energiebedarf.
Nun besteht die Lieferkette eines Unternehmens aus vielen verschiedenen Zulieferern, welche wiederum ebenfalls Zulieferer haben. Bei diesen Zulieferern fluktuieren die Aufträge der Marken und Händler von Saison zu Saison oft sehr stark. Aus unternehmerischer Sicht sind die kostspieligen Investitionen, wie Solaranlagen, unter diesen Umständen eine große Unsicherheit.
Hier schlägt der McKinsey-Bericht vor, dass Marken und Händler ihre Zulieferer indirekt mit ihren besseren Kreditkonditionen beim Einkauf von der heute noch teureren erneuerbaren Energie langfristig unterstützen können. Dank der langen Laufzeit von zehn bis 20 Jahren können Zulieferer so zu günstigeren Konditionen die Energiewende in ihrem Land unterstützen. Die auftraggebenden Händler und Marken können auch den Kauf von Energiezertifikaten (sogenannte Energy Attribute Certificates) für die Produktion von erneuerbaren Energien durch die produzierenden Unternehmen unterstützen.
Dies ist alles sehr technisch, aber am Ende baut das Modelabel so auch eine langfristige Geschäftsbeziehung zu seinen Zulieferern auf. Viele Fair Fashion Labels haben sich über Jahre, und durch den Anspruch an eine möglichst transparente Lieferkette, bereits langfristige Geschäftsbeziehungen aufgebaut. So können sie jetzt auf die Erfolge der Vergangenheit aufbauen. Durch mittel- bis langfristige Lieferverträge können Marken den Unternehmen entlang der Produktionskette eine gewisse Planungssicherheit geben, welches die Wahrscheinlichkeit von Investitionen erhöht. Auch das regelmäßige Überprüfen der produzierenden Unternehmen ist weiterhin unerlässlich.
Wo fangen Unternehmen am besten an?
Den ersten Schritt zu einer emissionsarmen – und im besten Fall komplett emissionsfreien – Lieferkette sind die ersten Unternehmen schon gegangen. Hier ist das Stichwort klimaneutral wichtig. So haben die ersten Marken es sich zum Ziel erklärt, bis 2030 ihre Emissionen vollständig zu kompensieren und bestmöglich zu reduzieren. Dazu zählen unter anderem Luxusmarken wie Burberry und Gucci, aber auch Sporthersteller wie Adidas und Nike, die sich konkrete Ziele gesetzt haben.
Fair-Fashion-Unternehmen wie Lanius, Bleed, Armedangels oder Vaude sind jedoch schon einen Schritt weiter und haben sich bereits als klimaneutral zertifizieren lassen. Diese Zertifizierung gilt jedoch meist nur für einen bestimmten Teil des Modelabels. So wird zum Beispiel das Hauptquartier des Unternehmens mit Ökostrom und möglichst energiesparend betrieben, jedoch nicht die gesamte Lieferkette. Es ist dennoch als wichtiger, erster Schritt zu betrachten.
Was kann ich als Konsument*in für die Energieeinsparung tun?
Auch wenn das größte Einsparpotenzial von Unternehmen ausgeht, können auch wir als Konsument*innen helfen, den CO2 Fußabdruck unserer Kleidungsstücke zu verringern. Viele Tipps findet ihr bereits hier im Magazin. Einer der wichtigsten Tipps bleibt weiterhin: Beim Kauf von Kleidung bestmöglich auf Secondhand oder Fair Fashion achten.
Bei Kleidung, die wir bereits besitzen, ist es wichtig, das Thema Waschen richtig anzugehen. Das verbraucht nämlich unheimlich viel Energie, und somit auch Geld. Richtig gehört. Am besten ist es, die Kleidung zwischen den Waschgängen so lange wie möglich zu tragen, lieber mal zwischendurch zu lüften oder bei niedrigeren Temperaturen zu waschen. Das verlängert nicht nur sehr wahrscheinlich die Lebensdauer deines Kleidungsstückes, sondern spart auch richtig viel Wasser und Energie. Wenn dann noch die Waschmaschine und insgesamt der gesamte Haushalt mit Ökostrom betrieben wird, hüpft das grüne Gewissen vor Freude.
Mehr Tipps zum Thema erneuerbare Energiequellen in der Modebranche findet ihr in meinem YouTube Video zu dem Thema.
Collage: Vreni Jäckle